Grundsätze für das Verfahren
bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten
in der Westfälischen Wilhelms-Universität




§ 1

Die Westfälische Wilhelms-Universität wird jedem konkreten Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten in der Westfälischen Wilhelms-Universität nachgehen. Sollte sich nach Aufklärung des Sachverhalts der Verdacht auf ein Fehlverhalten bestätigen, werden im Rahmen der zu Gebote stehenden Möglichkeiten dem Einzelfall angemessene Maßnahmen ergriffen.



§ 2

(1) Ein wissenschaftliches Fehlverhalten wird dann als gegeben angesehen, wenn in einem wissenschaftserheblichen Zusammenhang bewußt oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht werden, geistiges Eigentum anderer verletzt oder in anderer Weise deren Forschungstätigkeit beeinträchtigt wird.

(2) Als wissenschaftliches Fehlverhalten kommt insbesondere folgendes in Betracht:
  1. falsche Angaben,
    • durch Erfinden von Daten;
    • durch Verfälschen von Daten, z.B. durch unvollständige Verwendung von Daten und Nichtberücksichtigung unerwünschter Ergebnisse, ohne dies offenzulegen, sowie durch Manipulation von Darstellungen oder Abbildungen;
    • durch unrichtige Angaben in einem Bewerbungsschreiben oder einem Förderantrag (einschließlich Falschangaben zum Publikationsorgan und zu in Druck befindlichen Veröffentlichungen).

  2. Verletzung geistigen Eigentums
    • in Bezug auf ein von einem anderen geschaffenes urheberrechtliches geschütztes Werk der von anderen stammende wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse, Hypothesen, Lehren oder Forschungsansätze durch
      • die unbefugte Verwertung unter Anmaßung der Autorschaft (Plagiat),
      • die Ausbeutung von Forschungsansätzen und Ideen anderer, insbesondere als Gutachter (Ideendiebstahl),
      • die Anmaßung wissenschaftlicher Autor- oder Mitautorschaft,
      • die Verfälschung des Inhalts oder
      • die unbefugte Veröffentlichung und das unbefugte Zugänglichmachen gegenüber Dritten, solange das Werk, die Erkenntnis, die Hypothese, die Lehre oder der Forschungsansatz noch nicht veröffentlicht ist,
    • durch die Inanspruchnahme der (Mit-)Autorschaft eines anderen oder dessen Einverständnis.
  3. Beeinträchtigung der Forschungstätigkeit anderer
    • durch die Sabotage von Forschungstätigkeit (einschließlich des Beschädigens, Zerstörens oder Manipulierens von Literatur, Archiv- und Quellenmaterial, Versuchsanordnungen, Geräten, Unterlagen, Hardware, Software, Chemikalien oder sonstiger Sachen, die ein anderer zur Durchführung eines Forschungsvorhabens benötigt).

(3) Eine Mitverantwortung kann sich unter anderem aus aktiver Beteiligung am Fehlverhalten anderer, dem Mitwissen um Fälschungen durch andere, der Mitautorschaft an fälschungsbehafteten Veröffentlichungen sowie grober Vernachlässigung der Aufsichtspflicht ergeben.



§ 3

Zur Aufklärung wissenschaftlichen Fehlverhaltens setzt das Rektorat eine Untersuchungskommission ein. Zu Mitgliedern beruft das Rektorat jeweils für die Dauer von drei Jahren drei Professorinnen oder Professoren, die Mitglieder oder Angehörige der Westfälischen Wilhelms-Universität sein müssen. Die Untersuchungskommission bestimmt eines ihrer Mitglieder zur oder zum Vorsitzenden. Die Untersuchungskommission kann Personen, die im Umgang mit solchen Fällen besonders erfahren sind, mit beratender Stimme hinzuziehen.



§ 4

Erhält die oder der Vorsitzende der Untersuchungskommission Kenntnis von einem Verdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens, informiert sie oder er umgehend das Rektorat.



§ 5

(1) Die Untersuchungskommission tagt nichtöffentlich.
(2) Beschlüsse der Untersuchungskommission werden mit einfacher Mehrheit gefaßt.
(3) Die Untersuchungskommission ist berechtigt, alle der Aufklärung des Sachverhalts dienlichen Schritte zu unternehmen. Hierzu kann sie alle erforderlichen Informationen und Stellungnahmen einholen und im Einzelfall auch Fachgutachterinnen oder Fachgutachter aus dem betroffenen Wissenschaftsbereich hinzuziehen.
(4) Der oder dem Betroffenen sind die belastenden Tatsachen und ggf. Beweismittel zur Kenntnis zu geben.
(5) Sowohl der oder dem Betroffenen als auch der Informantin oder dem Informanten ist Gelegenheit zur mündlichen Äußerung zu geben.
(6) Ist die Identität der Informantin oder des Informanten der oder dem Betroffenen nicht bekannt, so ist ihr oder ihm diese offenzulegen, wenn diese Information für die sachgerechte Verteidigung der oder des Betroffenen, insbesondere weil der Glaubwürdigkeit der Informantin oder des Informanten für die Feststellung des Fehlverhaltens wesentliche Bedeutung zukommen, notwendig erscheint.



§ 6

Stellt die Untersuchungskommission fest, daß ein wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt, so berät sie auch über die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens, insbesondere über mögliche Folgen. Hier kommen neben arbeits- oder dienstrechtlichen auch die Einleitung akademischer, zivilrechtlicher oder strafrechtlicher Konsequenzen in Betracht.



§ 7

Die Untersuchungskommission berichtet dem Rektorat über die Ergebnisse ihrer Arbeit und legt eine Beschlußempfehlung vor. Sie soll im Falle eines festgestellten wissenschaflichen Fehlverhaltens einen Vorschlag für das weitere Vorgehen des Rektorats machen.



§ 8

(1) Das Rektorat entscheidet auf der Grundlage von Bericht und Empfehlung der Untersuchungskommission darüber, ob das Verfahren einzustellen oder ob ein wissenschaftliches Fehlverhalten hinreichend erwiesen ist. Im letzteren Fall entscheidet das Rektorat auch über die Folgen.
(2) Die oder der Betroffene sowie die Informantin oder der Informant sind über die Entscheidung des Rektorats zu informieren. Dabei sind auch die wesentlichen Gründe, die zu der Entscheidung geführt haben, mitzuteilen.



Ausgefertigt aufgrund des Beschlusses des Rektorats vom 29.01.1998

Münster, den 01.02.1998 Der Rektor


Prof. Dr. G. Dieckheuer


Die oben stehenden Grundsätze werden gemäß der Ordnung der Westfälischen Wilhelms-Universität über die Verkündung von Ordnungen, die Veröffentlichung von Beschlüssen sowie die Bekanntmachung von Satzungen vom 8. Februar 1991 (AB Uni 91/1) hiermit veröffentlicht.

Münster, den 01.02.1998 Der Rektor


Prof. Dr. G. Dieckheuer




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Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: AB80105
Datum: 1998-04-30