Pressemitteilung upm

Eine Lösung für mutige Unternehmer

Transferpreis der Universität Münster geht an die Wirtschaftswissenschaftler Klaus Backhaus und Jörg Becker

Münster (upm), 01. Juni 2010

Prof. Dr. Jörg Becker (hinten) und Prof. Dr. Klaus Backhaus haben Gas gegeben - und eine ausgezeichnete Softwarelösung entwickelt.
Prof. Dr. Jörg Becker (hinten) und Prof. Dr. Klaus Backhaus haben Gas gegeben - und eine ausgezeichnete Softwarelösung entwickelt. Foto: WWU - Grewer
Josef Winter (Siemens), Prof. Dr. Klaus Backhaus, Rektorin Prof. Dr. Ursula Nelles, Prof. Dr. Jörg Becker und Friedhelm Wiesmann (von links nach rechts)
Josef Winter (Siemens), Prof. Dr. Klaus Backhaus, Rektorin Prof. Dr. Ursula Nelles, Prof. Dr. Jörg Becker und Friedhelm Wiesmann (von links nach rechts) Foto: WWU - Grewer
Attraktive Kulisse für eine herausragende Auszeichnung: Transferpreisverleihung in der Automanufaktur Wiesmann
Attraktive Kulisse für eine herausragende Auszeichnung: Transferpreisverleihung in der Automanufaktur Wiesmann Foto: WWU - Grewer

Als die Brüder Friedhelm und Martin Wiesmann, zwei Fachmänner für Kinderbekleidung und Pumpenkonstruktionen, 1985 die Motorschau in Essen besuchten, hatten sie nicht mehr als eine offenkundig abwegige Idee: Sie wollten eigene und spezielle Autos bauen, herausragende Sportwagen kreieren. Nur wie? Mit welchen Startkosten mussten sie kalkulieren? Und wie stand es um die Erfolgschancen? Zu jener Zeit hätten sie sich Experten wie Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Backhaus und Prof. Dr. Jörg Becker an ihrer Seite gewünscht - vor allem aber deren Softwarelösung, für die die beiden Wissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster am Montagabend den mit 20.000 Euro dotierten Transferpreis der WWU erhalten haben.

Der Betriebswirtschaftler Backhaus (63) und der Wirtschaftsinformatiker Becker (51) haben ein Verfahren mit dem Namen "H2-ServPay" entwickelt, das es Unternehmern ermöglicht, die Erfolgschancen eines neuen Produkts besser bewerten zu können und ihr Dienstleistungsangebot an wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszurichten. Die Jury der WWU, betonte Rektorin Prof. Dr. Ursula Nelles bei der Preisverleihung in der Dülmener Automanufaktur Wiesmann, entschied sich "mühelos und einstimmig" für die beiden Forscher und deren Teams. Mit dem Preis würdigt die Universität Münster besondere Leistungen beim Forschungstransfer und bei der wissenschaftlichen Kooperation mit Partnern der außeruniversitären Praxis. Klaus Backhaus ist Leiter des Instituts für Anlagen und Systemtechnologien, Jörg Becker arbeitet als geschäftsführender Direktor des "European Research Center for Information Systems" (ERCIS) der WWU und ist zudem WWU-Prorektor für strategische Planung und Qualitätssicherung.

Und das steckt hinter "H2-ServPay": Allein mit dem Angebot von Maschinen kann sich heutzutage kaum noch ein Industriegüterhersteller von anderen Wettbewerbern absetzen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist vielmehr ein kundenorientiertes Dienstleistungsgeschäft. Hierbei umfasst das Angebot neben klassischen Dienstleistungen wie der Inbetriebnahme oder Wartung von Maschinen zunehmend auch komplexe Leistungsangebote, die im Extremfall sogar bis zur Übernahme des kompletten Betriebs einer Anlage durch den Anbieter reichen können.

Jedoch scheitern viele Unternehmen daran, ihr Dienstleistungsspektrum an wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszurichten. Insbesondere die Preisfindung gestaltet sich häufig schwierig. Anbieter kennen in der Regel weder die eigenen Kosten noch die Zahlungsbereitschaft der Kunden für integrierte Sach- und Dienstleistungsangebote. Insofern rechnet sich für viele Anbieter das Service-Geschäft nicht. Vielmehr werden die falschen Dienstleistungen angeboten beziehungsweise vom Kunden nachgefragte Leistungen zu falschen Preisen. Das auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt "H2-ServPay" hilft dienstleistenden Industriegüterherstellern, ihre Vermarktungskonzepte auf Rentabilität hin zu überprüfen und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Festredner Josef Winter hob die Bedeutung von Erfindungen für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands hervor. Der Siemens-Manager betonte, dass vor allem jene Länder von der globalisierten Welt profitierten, die "hungrig auf Erfolg, Wohlstand und Verbesserung der Lebensverhältnisse" sind. Innovationen seien dabei ein entscheidender Schlüssel. "Innovationen haben eine gesellschaftliche und damit auch eine soziale Funktion. Nachzüglern bleiben oft nur Rationalisierungsmaßnahmen - den innovativen Gesellschaften gehört die Zukunft. Unsere Zukunft beginnt im Kopf", unterstrich Josef Winter. Umso wichtiger sei der enge Kontakt zwischen Universitäten und der Wirtschaft, ergänzte Rektorin Nelles - die WWU biete beispielsweise mit der "Arbeitsstelle Forschungstransfer" einen passenden Ansprech- und Kooperationspartner.

Alle Redner waren sich einig: Neben Neugierde, Enthusiasmus und einer Portion Mut ist auch Geduld gefragt. Die Gastgeber der Festveranstaltung, Friedhelm und Martin Wiesmann, haben all dies unter Beweis gestellt: Im ersten Jahr verkauften sie in ihrer Dülmener Automanufaktur nur vier Autos - in diesem Jahr hoffen sie auf 230 Verträge.