Pressemitteilung upm

Kinder verursachen unruhige Beine

Wissenschaftler aus Münster und Greifswald liefern neue Erkenntnisse zum Restless-Legs-Syndrom

Münster (upm), 09. Februar 2004

Die Symptome treten typischerweise nachts im Schlaf oder in längeren Ruhephasen, wie einer Bahnfahrt, einem Konzertbesuch oder einer längeren Flugreise auf: In den Beinen ist ein unerträgliches Kribbeln zu verspüren, bisweilen auch ziehende Schmerzen, hinzu kommt ein starker Bewegungsdrang. Solche Erscheinungen sind charakteristisch für das weit verbreitete Syndrom der unruhigen Beine. Wissenschaftler aus Münster und Greifswald haben jetzt herausgefunden, dass Frauen von diesem auch als Restless-Legs-Syndrom bezeichneten Leiden fast doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Gleichzeitig konnten sie nachweisen, dass das Erkrankungsrisiko mit jedem Kind, das die Frau zur Welt bringt, deutlich steigt. Vorgestellt wurden diese Ergebnisse einer in Vorpommern durchgeführten Studie in der jüngsten Ausgabe der amerikanischen Fachzeitschrift "Archives of Internal Medicine".

Für die Studie "Leben und Gesundheit in Vorpommern" wurden im Zeitraum 1997 bis 2001 4.310 zufällig ausgewählte Einwohner aus der Region um die Städte Greifswald, Anklam und Stralsund untersucht. Die Altersspanne der Teilnehmer reichte von 20 bis 79 Jahren. 10,6 Prozent der Studienteilnehmer wiesen ein Restless-Legs-Syndrom auf. Dabei fand sich ein deutlicher Unterschied zwischen Männern und Frauen. Das weibliche Geschlecht war mit 13,4 Prozent fast doppelt so häufig betroffen wie Männer (7,6 Prozent). Sowohl bei Männern als auch bei Frauen stieg die Häufigkeit des Syndroms mit wachsendem Alter an. Während in der Altersgruppe von 20 bis 29 Jahren drei Prozent der Männer und 4,9 Prozent der Frauen betroffen waren, lag der Anteil bei Männern zwischen 60 und 69 Jahren bereits bei 13,2 Prozent und bei gleichaltrigen Frauen bei 19,4 Prozent.

Der Geschlechtsunterschied in der Häufigkeit des Restless-Legs-Syndroms konnte in dieser Studie mit der Kinderzahl, die eine Frau geboren hatte, erklärt werden. Frauen ohne Kinder wiesen in den verschiedenen Altersgruppen die gleiche Häufigkeit auf wie Männer. Unabhängig vom Alter stieg mit jedem Kind, das eine Frau geboren hatte, die Häufigkeit (Prävalenz) des Syndroms der unruhigen Beine an. In der Altersgruppe bis 59 Jahre war das Risiko für eine Frau die drei oder mehr Kinder geboren hatte, im Vergleich zu Männern dreieinhalb mal so hoch. Bei Frauen in höherem Alter (60 bis 79 Jahre) fiel der Risikoanstieg im Vergleich zum männlichen Geschlecht deutlich geringer aus.

Diese neuen Ergebnisse zeigen erstmals, dass in der Allgemeinbevölkerung über alle Altersgruppen hinweg ein Geschlechtsunterschied in der Häufigkeit der Erkrankung besteht. Zudem kann erstmals eine mögliche Erklärung dieses Unterschiedes zwischen Männern und Frauen gegeben werden. Denn die Daten unterstützen die Hypothese, dass ein Zusammenhang zwischen Geschlechtshormonen und dem Syndrom der unruhigen Beine besteht. Die Hormonhypothese wird weiter durch die Tatsache unterstützt, dass bei Frauen die sich bereits in der Menopause befinden, der Zusammenhang mit der Kinderzahl deutlich schwächer ausgeprägt war als bei Frauen vor der Menopause.

Die Bevölkerungsstudie "Leben und Gesundheit in Vorpommern" ist Bestandteil des Forschungsverbundes Community Medicine der Universität Greifswald und wird vom dortigen Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin koordiniert. Die Datenauswertung zum Restless-Legs-Syndrom erfolgte in einer Kooperation des Instituts für Epidemiologie und Sozialmedizin des Universitätsklinikums Münster mit der Neurologischen Klinik und dem Institutes für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Greifswald.

Trotz der hohen Verbreitung des zuweilen auch schon bei Kindern auftretenden Syndroms der unruhigen Beine, das häufig zu Schlafstörungen und entsprechender Tagesmüdigkeit führt, ist diese Erkrankung auch bei Ärzten bislang relativ wenig bekannt. Dabei ist sie mit Medikamenten sehr gut behandelbar.

Ansprechpartner für weitere Informationen: PD Dr. med. Klaus Berger, Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin des Universitätsklinikums Münster, Tel. 0251/83 55650, E-Mail: bergerk@uni-muenster.de