Pressemitteilung upm

Naturgetreue Nachbildungen

Moulagen lassen längst ausgestorbene Krankheiten wieder lebendig werden

Münster (upm), 08. April 2004

[Moulagen]
Eine von 121 Moulagen der Hautklinik: Typische Narbenbildung bei Pocken-Erkrankung
Foto: upm   

Wie sah jemand aus, der an Pocken erkrankt war? Woran erkannte man Hautmilzbrand oder eine Hautdiphterie oder was waren charakteristische Symptome einer Syphilis? Naturgetreue Nachbildungen aus Wachs machen Krankheiten, die früher weit verbreitet waren, wieder lebendig. Zwar wurden solche als Moulagen bezeichneten Wachsplastiken, die seit dem 17. Jahrhundert als Lehrmittel in der Medizin eingesetzt wurden, Anfang des 20. Jahrhunderts weitgehend von der Fotografie abgelöst. Gleichwohl ist das Interesse an diesen dreidimensionalen und damit besonders anschaulichen und einprägsamen Darstellungen auch heute noch beziehungsweise wieder vorhanden. So wird sich am 17. April 2004 eine Fortbildungsveranstaltung der Hautklinik des Universitätsklinikums Münster (UKM) speziell mit dem Thema "Moulagen und Epithesen" beschäftigen.

Sowohl von der Form, der Farbe als auch vom Maßstab her bilden Moulagen Gesichter oder andere Körperteile von Patienten mit bestimmten Hauterkrankungen naturgetreu ab. Insbesondere im Fach Dermatologie wurden Moulagen früher häufig zur plastisch-anatomischen Unterrichtsdemonstration sowie für Verlaufsbeobachtungen und Beschreibung von Hauterkrankungen verwendet. Die Wachsplastiken spiegeln vor allem das Krankengut und die häufigsten Diagnosen aus der Anfangszeit des Faches Dermatologie wieder.

Neben dem historischen besteht heute auch ein aktuell medizinisches Interesse an Moulagen. Denn durch die Verbreitung der HIV-Infektion und die Immunsuppression zum Beispiel bei transplantierten Patienten treten inzwischen wieder Infektionserkrankungen in Stadien auf, die der heutigen Dermatologengeneration zum Teil nur aus Lehrbüchern bekannt sind. Nicht zuletzt ist das allgemeine Interesse an dermatologischen Moulagen auch vor dem Hintergrund des Bioterrorismus neu entfacht. So befinden sich im Bestand der Hautklinik des UKM, die über insgesamt 121 Moulagen verfügt, beispielsweise auch solche, die Pocken oder Milzbrand abbilden.

Als besonderer Gast für die um 9 Uhr im Hörsaal der Hautklinik beginnende Veranstaltung mit medizinhistorischem Charakter konnte Elsbeth Stoiber aus Zürich gewonnen werden. Als einzige "Mouleurin" hielt sie sich im Herbst 1953 für drei Monate an der Hautklinik in Münster auf und fertigte dort Wachsmodelle nach stationären Patienten der Klinik. Als Zeitzeugin und ausgewiesene Expertin auf diesem Gebiet wird sie einen Überblick über die bewegte Vergangenheit und den vermeintlichen "Untergang" der medizinischen Moulagen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geben.

Moulagen-Sammlung der Hautklinik des UKM