Pressemitteilung upm

Weniger Schmerzen durch Verzicht auf Dammschnitt

Am UKM nur noch bei jeder zehnten Geburt / Förderung der frühen Mutter-Kind-Beziehung

Münster (upm), 03. Juni 2004

Um dem Baby den Weg ins Leben zu erleichtern, wird in vielen Kliniken bei mehr als jeder zweiten Geburt ein Dammschnitt durchgeführt. Am Universitätsklinikum Münster (UKM) wird dieser bundesweit nach wie vor häufigste operative Eingriff in der Geburtshilfe, bei der der Geburtskanal künstlich erweitert wird, mittlerweile jedoch nur noch bei etwa jeder zehnten Entbindung durchgeführt. Entgegen früheren Vorstellungen könne ein Dammschnitt nämlich eher massive Nachteile für die junge Mutter bedeuten, wie Privatdozent Dr. Walter Klockenbusch von der Frauenklinik des UKM betont. Für einen wenn eben möglichen Verzicht auf diesen Eingriff sprechen nach Überzeugung des für den Bereich Geburtshilfe zuständigen Oberarztes unter anderem deutlich geringere Schmerzen im Wochenbett und damit eine nachhaltige Förderung der frühen Mutter-Kind-Beziehung.

"Für viele Frauen sind die mit einem Dammschnitt verbundenen Schmerzen insgesamt unangenehmer als die Wehenschmerzen unter der Geburt", weiß Klockenbusch aus langjähriger Erfahrung in der Geburtshilfe. Als weitere Nachteile verweist er auf einen größeren Blutverlust, auf die Gefahr einer Verletzung des Schließmuskels und eines dadurch im weiteren Verlauf dreifach gesteigerten Risikos einer Stuhlinkontinenz sowie auf Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. "Aus diesen Gründen verzichten wir weitgehend auf einen Dammschnitt und beschränken die Anwendung auf Situationen kindlicher Gefährdung, in denen eine schnelle und schonende Entbindung erforderlich ist", erklärt der Mediziner das heutige Vorgehen an der von Prof. Dr. Ludwig Kiesel geleiteten Universitäts-Frauenklinik. In der Regel sei der langsame Durchtritt des kindlichen Kopfes ohne jeden Nachteil für das Kind. Das mütterliche Gewebe werde dabei langsam und stetig gedehnt, so dass weniger ausgeprägte Geburtsverletzungen entstehen und ein Dammriss oft vermieden werden könne.

Die früher angenommenen Vorteile eines Dammschnitts, wie zum Beispiel Vermeidung unkontrollierter Scheiden-Damm-Risse, Vermeidung von Harn- und Stuhlinkontinenz oder Schonung des Kindes durch verminderten Kopfdruck, hätten sich inzwischen weitgehend als hinfällig erwiesen, wie Klockenbusch betont. Vielmehr spricht aus seiner Sicht für einen Verzicht auf diesen Eingriff neben anderen Vorteilen insbesondere der günstige Effekt auf das so genannte "Bonding", das heißt auf die erste intensive Kontaktaufnahme und Entwicklung der Mutter-Kind-Beziehung unmittelbar nach der Geburt. Keine oder eine weniger umfangreiche Naht, geringere Schmerzen, schnellere und bessere Beweglichkeit sowie ein positiver Einfluss auf das Stillen ermöglichen es der Mutter in der Regel, sich von vornherein voll und ganz ihrem Kind zu widmen. Diese Beobachtung konnte das geburtshilfliche Team am UKM seit dem Umdenken beim Thema Dammriss immer wieder machen.