Pressemitteilung upm

"Bibliothek der deutschen Identität"

Prof. Dr. Lea Ritter-Santini über den Brand in der Anna-Amalia-Bibliothek

Münster (upm), 03. September 2004

[annaamalia]
Rokoko-Saal der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek
   

"Es ist tragisch, dass der Brand gerade jetzt ausgebrochen ist", sagt Prof. Dr. Lea Ritter-Santini über den gestrigen Brand in der weimerschen Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek. Die emeritierte Hochschullehrerin am Institut für Komparatistik der Universität Münster katalogisiert seit Jahren mit Unterstützung des Istituto Italiano per gli Studi Filosofici in Neapel die italienischen Bestände der weltberühmten Bibliothek. "Die dringend notwendigen Restaurierungsarbeiten waren bisher so gut vorangeschritten. Was das Feuer nun für Schäden angerichtet hat, kann noch keiner sagen."

"Die Bedeutung der Bibliothek kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Sie ist die Bibliothek der deutschen Identität", so Ritter-Santini, die noch in der vergangenen Woche in Weimar gearbeitet hat. Goethe leitete 35 Jahre die Sammlung der Herzogin Anna Amalia, die mit rund die mit 900.000 Büchern zu den berühmtesten und wichtigsten Bibliotheken und zum Weltkulturerbe gehört. Die größte "Faust"-Sammlung ist hier zu finden, eine der größten Sammlungen von Shakespeare-Originalausgaben, Erstausgaben von Thomas Mann. Der Brand hat vor allem die umfangreiche Bibelsammlung im weltberühmten Rokoko-Saal getroffen. "Das kostbarste Stück, die Biblia Pauperum, ist wohl gerettet", so Ritter-Santini. "Aber wir müssen abwarten, was verbrannt ist". Großen Schaden, so befürchtet sie, haben auch Wasser und Löschschaum angerichtet.

Die Sammlung umfasst nicht nur Bücher, sondern auch kostbare Gemälde, Büsten und andere Zeugnisse des literarischen Schaffens. Ritter-Santini hofft, dass zumindest die kleineren, beweglichen Gegenstände in der oberen Galerie gerettet werden konnten. Sorgen macht sie sich auch um die Büros, die im oberen Teil des Gebäudes liegen: "Ich kann noch gar nicht absehen, was von meiner wissenschaftlichen Arbeit betroffen ist". Ritter-Santini katalogisiert und erforscht die umfangreichen italienischen Bestände der Bibliothek, die ein Beleg sind für die engen Beziehungen zwischen den beiden Ländern und den Einfluss der italienischen Kultur auf die Weimarer Klassik.