Pressemitteilung upm

Schatzkiste Erde

Geowissenschaftler der Universität Münster erklären Transportprozesse von Edelmetallen

Münster (upm), 24. September 2004

Edelmetalle sind gar nicht so selten, wie man denkt. Die Gesamterde enthält enorme Mengen von Platin und Gold. Dazu kommen noch Palladium, ein Metall, das wir vor allem in der Katalysatortechnologie benötigen, sowie eine Vielzahl weniger geläufiger Edelmetalle. Leider sind Edelmetalle in der Erde höchst ungleichmäßig verteilt, und diese Tatsache bestimmt ihren Preis: 99,3 Prozent schlummern für uns unerreichbar im metallischen Erdkern in einer Tiefe von mehr als 2900 Kilometer, 0,7 Prozent sind im silikatischen Mantel konzentriert - immer noch mindestens 50 Kilometer tief, und ein kaum quantifizierbarer Anteil von wenigen zehntel Promille hat es bis in die Erdkruste geschafft. Alle Edelmetalle, die wir heute abbauen, durchliefen einen seit Jahrmilliarden andauernden Anreicherungsprozess, der Edelmetalle vom Erdmantel in die Erdkruste transportiert. Wie die Fachzeitschrift Science in ihrer neuesten Ausgabe berichtet, haben Geowissenschaftler der Universität Münster jetzt herausgefunden, wie der Transport im einzelnen aussieht und welches Reservoire der Erde dabei angezapft werden.

Für Menschen zugänglich sind nur die Lagerstätten in der Erdkruste, aber die Metalle kommen ursprünglich aus dem Erdmantel, eine 2900 Kilometer mächtige Silikathülle um den metallischen Erdkern. Die Edelmetalle sind im Mantel an Sulfide gebunden. Dies sind chemische Verbindungen zwischen Eisen und Schwefel, in denen Platin, Palladium, Gold und andere weniger bekannte Metalle als Verunreinigungen auftreten. Transportmedium an die Erdoberfläche sind Magmen und gefördert werden sie durch Vulkanismus. Damit die Edelmetalle auch mobilisiert werden können, müssen nach herrschender Lehrmeinung zuerst die Sulfide des Mantels eliminiert werden: Edelmetalle haben eine so ausgeprägte chemische Affinität zu Sulfid, dass sie den Erdmantel nur verlassen können, wenn kein Sulfid die Magmenentstehung "überlebt". Am ehesten ist dies wohl durch Lösung von Sulfid in Silikatschmelze möglich. Andererseits ist aus Experimenten bekannt, dass die Löslichkeit von Schwefel in Silikatmagmen viel zu gering ist, um alle Sulfide zu lösen - bis jetzt ein scheinbar unlösbares geochemisches Dilemma. Die münsterschen Wissenschaftler Cornelia Bockrath, Prof. Dr. Chris Ballhaus und Dr. Astrid Holzheid zeigen mit Hochdruckexperimenten, dass zwei physikalisch unterschiedliche Sulfidphasen im Erdmantel stabil sind: feste Sulfidkristalle und eine Sulfidschmelze. Letztere bildet eine Emulsion in Silikatmagma, vergleichbar mit Öltröpfchen in Wasser, und beim Aufstieg des Magmas an die Erdoberfläche wird sie zusammen mit ihren Edelmetallen aus dem Mantel herausgewaschen und an die Erdoberfläche transportiert. Der Prozess ist so simpel, dass er von keinem bisher formulierten Modell in Betracht gezogen wurde.

Seit geraumer Zeit wird spekuliert, ob nicht nur der Erdmantel, sondern auch der Erdkern seinen Beitrag zu den Edelmetallen der Erdkruste leistet. Einige Vulkane, zum Beispiel auf der Insel Hawaii, fördern Magmen, die gegenüber dem Erdmantel mit zwei seltenen Isotopen des Edelmetalles Osmium angereichert sind. Beide Isotope entstehen heute nur noch durch radioaktiven Zerfall. Höchste Konzentrationen erreichen sie im Erdkern. Ökonomisch wäre es ohne jede Relevanz, wenn Edelmetalle auch aus dem Erdkern stammen würden, aber geodynamisch wäre es höchst spektakulär, wenn man mit bestimmten Isotopensignaturen einen Materialaustausch zwischen Erdkruste und Erdkern, immerhin über eine vertikale Distanz von 2900 Kilometern, zweifelsfrei nachweisen könnte. Die Experimente der Geowissenschaftler aus Münster verweisen diese Hypothese zurück in das Reich der Spekulation. Sie bieten eine viel einfachere Erklärung: Auch im Erdmantel entstehen über einen längeren Zeitraum durch radioaktiven Zerfall Isotope, die von denen des Erdkerns kaum unterscheidbar sein dürften.

Institut für Mineralogie