Pressemitteilung upm

Wohnortnahe Betreuung ohne Brüche

Expertentreffen des Kompetenznetzwerks "Psychogene Essstörungen"

Münster (upm), 15. Oktober 2004

[Prof. Heuft (li.) mit Fachkollegen]
Prof. Dr. Gereon Heuft (li.) vom Kompetenznetzwerk Psychogene Essstörungen mit Fachkollegen
Foto: UKM   

Übermäßiger Stress und seelische Konflikte - besonders oft reagieren Frauen darauf mit Essstörungen. Jüngstes prominentes Beispiel ist die Schwimmerin Franziska van Almsick, die gegenüber dem "Stern" kürzlich zugab, sich jahrelang mit dem Essen bis an die Grenze der Magersucht eingeschränkt zu haben. Eine Therapie half ihr aus dieser Situation wieder heraus. "Eine enge Zusammenarbeit von in Kliniken arbeitenden und niedergelassenen ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten ist bei der Therapie von Essstörungen ganz entscheidend für den Behandlungserfolg", weiß Prof. Dr. Gereon Heuft, Direktor der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Münster (UKM). Gemeinsam mit Kollegen hat er vor zwei Jahren das Kompetenznetzwerk "Psychogene Essstörungen Münsterland" ins Leben gerufen. Am kommenden Mittwoch, 20. Oktober, treffen sich die Experten im Hörsaal der Universitäts-Augenklinik zu ihrem nächsten Gespräch, bei dem ambulante körperorientierte Verfahren im Mittelpunkt stehen werden.

Heuft sieht für Patienten mit Essstörungen große Vorteile in einer wohnortnahen, auf den aktuellen Schweregrad abgestimmten Behandlungsplanung. "In einer ambulanten Psychotherapie sind schwierige Behandlungsphasen keineswegs immer ein Hinweis auf das 'Scheitern' der Therapie", betont er. "Behandler, die das stationäre Konzept kennen, können dem Patienten im Vorfeld eines Klinikaufenthalts die Chancen einer solchen krankheitsspezifischen Intensivbehandlung auch vermitteln. Und umgekehrt gelingt für die Patienten, die vor der stationären Therapie noch keinen ambulanten Behandlungsplatz hatten, die Vermittlung in eine Praxis um so eher, je besser sich die stationär und die ambulant Tätigen kennen." In der Tat haben die Patienten oft eine große Scheu, in eine Klinik zu gehen. Diese Erfahrung macht Dr. Michael Waskönig, niedergelassener Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, in seiner Arbeit immer wieder: "Von einer stationären Erstbehandlung in die ambulante Therapie zu wechseln ist für die meisten viel einfacher. Wichtig ist, dass die Patienten die Erfahrung machen, dass sie sich auf beiden Seiten auf ihre Behandler verlassen können."

Neun von zehn Patienten, die unter einer ausgeprägten Magersucht oder einer schweren Bulimie leiden, sind nach Angaben Heufts Frauen. Von der Binge-Eating-Störung (BED) sind je zur Hälfte Männer und Frauen betroffen. "Diese Patienten essen wie Bulimiker ebenfalls im Übermaß, allerdings ohne zu erbrechen. Die Folge ist ein erhebliches Übergewicht", erläutert der Experte und verweist auf Patienten, die zu Beginn der Behandlung 150 Kilogramm und mehr auf die Waage bringen und an gefährlichen Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Problemen leiden. Heuft: "Angesichts der häufig schweren körperlichen Probleme bei allen drei Essstörungen arbeiten im ambulanten Bereich Hausärzte und Internisten eng mit niedergelassenen Fachpsychotherapeuten zusammen. Ebenso werden auch bei uns im Klinikum die Patienten von den entsprechenden Fachkollegen mitbehandelt." Bei manchen essgestörten Patienten bestehen psychiatrische Begleiterkrankungen wie eine Depression, Sucht oder Persönlichkeitsstörung. Für sie besteht ein entsprechendes Behandlungsangebot in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums, die von Prof. Volker Arolt geleitet wird. Ebenso arbeitet die Westfälische Klinik Münster (ehemals Westfälische Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie) in dem Netzwerk mit. Mittlerweile sind auch 50 niedergelassene Therapeuten aus Münster und Umgebung daran beteiligt. Um die Zusammenarbeit im Rahmen des Kompetenznetzwerks weiter zu verbessern, treffen sich die Teilnehmer jeweils zu Semesterbeginn im April und Oktober jeden Jahres zu einem intensiven Erfahrungsaustausch. "Die Kooperation hier im Münsterland gilt als beispielhaft für andere Regionen in Deutschland", betont Heuft und lädt interessierte niedergelassene Psychotherapeuten dazu ein, unter Tel. 0251/83-5 29 02 Kontakt mit ihm aufzunehmen.

Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie