Münster (upm), 17. November 2004
Prof. Dr. Lilly Kemmler, emeritierte Hochschullehrerin für Klinische Psychologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, wird am 19. November 80 Jahre alt. Sie gehört zu dem kleinen Kreis von Personen, die über ein halbes Jahrhundert die Entwicklung der Psychologie miterlebten und für Jahrzehnte in der Teildisziplin Klinische Psychologie aktiv gestalteten.
Geboren in Bottrop, studierte Lilly Kemmler von 1948 bis 1953 Psychologie an den Universitäten Münster und München. Nach der Diplom-Hauptprüfung wurde sie wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Prof. Dr. Wolfgang Metzger am Psychologischen Institut der Westfälischen Wilhelms-Universität. Hier wurde sie auch 1955 mit einer Arbeit über den frühkindlichen Trotz promoviert. Ab 1960 war sie Lektorin für psychologische Diagnostik an der Philosophischen Fakultät in Münster. 1967 habilitierte sich die Wissenschaftlerin in Münster für Psychologie mit einer Untersuchung über Schulerfolg und Schulversagen. Dieses umfangreiches Forschungsprojekt, in dem ein vollständiger Einschulungsjahrgang Münsters in einer Längsschnittuntersuchung vom ersten bis zum fünfzehnten Schuljahr begleitend untersucht wurde, verschaffte ihr im Bereich der Psychologie und der Erziehungswissenschaften hohe internationale Anerkennung.
Nachdem sie Rufe nach Würzburg und Marburg abgelehnt hatte, nahm sie 1969 einen Ruf als ordentliche Professorin auf den Lehrstuhl für Psychologie unter besonderer Berücksichtigung der Klinischen Psychologie an der Universität Münster an. Einen weiteren Ruf auf den Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie an der Universität Frankfurt lehnte sie 1975 ab und entschied sich für ein Verbleiben in Münster. 1970/71 und 1981/82 war sie Dekanin des Fachbereichs Psychologie. Am Ende des Wintersemesters 1989/90 wurde sie emeritiert.
Prof. Kemmler verfügt über umfangreiche Kenntnisse und langjährige praktische Erfahrungen als Klinische Psychologin. Bis 1984 leitete sie die Beratungsstelle des Psychologischen Instituts. Seit 1969 hat sie in Münster eine praxisnahe Ausbildung in Klinischer Psychologie aufgebaut, die in der gesamten Bundesrepublik Beachtung und Anerkennung gefunden hat. Prof. Kemmlers großes Engagement galt immer der Ausbildung der Studierenden, einer Ausbildung, die sich durch hohe wissenschaftliche Qualität, Praxisnähe, Reflexion des eigenen Handelns und Verantwortlichkeit für den Menschen auszeichnete.
In den letzten Jahren vor und auch nach ihrer Emeritierung galt Frau Prof. Kemmlers besonderes Forschungsinteresse der Lebenssituation lediger Frauen der Vorkriegsjahrgänge im Vergleich zu verheirateten und verwitweten Frauen. Sie konnte damit wichtige Befunde zu Bedingungen psychischer Gesundheit und Lebenszufriedenheit von Frauen beitragen. Bis heute nimmt sie regen Anteil an der Entwicklung der Klinischen Psychologie und Psychotherapie in Deutschland und ganz besonders ihres ehemaligen Instituts.
Institut für Psychologische Diagnostik und Klinische Psychologie