Pressemitteilung upm

Raphael neu entdeckt

Kunsthistoriker der Universität Münster arbeiten Gesamtwerk auf

Münster (upm), 16. März 2005

[Madonna]
Raphaels berühmtestes Werk: die "Sixtinische Madonna", die im Dresdner Zwinger zu bewundern ist
   

Die Bilder des italienischen Malers Raphael (1483-1520) hängen in den bedeutendsten Museen der Welt. Bis ins 19. Jahrhundert hinein galt er wegen seiner harmonischen Kompositionen und Madonnenbilder als größter Maler aller Zeiten. Noch heute ziehen sie ein großes Publikum an, wie sein berühmtestes Madonnenbild, die "Sixtinische Madonna", das derzeit in der Gemäldegalerie von Dresden hängt, zeigt. Um den neuesten wissenschaftlichen Stand zugänglich zu machen und einen schnellen, zielgerichteten wissenschaftlichen Zugriff zu ermöglichen, wird am Institut für Kunstgeschichte der Universität Münster ein Werkverzeichnis unter der Leitung von Prof. Dr. Jürg Meyer zur Capellen in Zusammenarbeit mit dem Kunstgeschichtlichen Institut der Julius-Maximilians-Universität Würzburg erarbeitet.

Seit dem Raphael-Jahr 1983, als sich der Geburtstag des Künstlers zum 400. Mal jährte, ließen zahlreiche Museen ihre Gemälde technisch untersuchen und auf dem neuesten Stand der Wissenschaft restaurieren. Durch die Röntgenaufnahmen und Infrarotreflektorengramme, die dazu nötig waren, kamen bisher unbekannte Strukturen zum Vorschein. Dadurch entstand eine Fülle neuer Erkenntnisse, die für Forscher und Studierende kaum zu überblicken ist. Das 1996 begonnene Werkverzeichnis soll nicht nur Spezialisten, sondern auch Forschern der Universitäten, Museumsarbeitern und Studierenden den Zugang zum aktuellen Stand erleichtern. Um auch Forschungen im Ausland zu ermöglichen, wird das Verzeichnis, das in drei Bänden vorgesehen ist, in englisch verfasst. Der erste Band ist bereits 2001 unter dem Titel "Raphael - The Paintings. The Beginnings in Umbria and Florence ca. 1500-1508" erschienen. "Der zweite Band zu den römischen Altar- und Staffeleibildern ist in Arbeit, und auf diesen soll noch ein Band zu den Wandgemälden und Teppichentwürfen folgen", schreibt der Leiter des "Raphael-Projektes" in seinem Beitrag für das gerade erschienene Forschungsjournal der Universität Münster.

Durch das Werkverzeichnis werden in den nächsten Jahren Fragen genauer und leichter zu lösen sein, die den künstlerischen Prozess in der Zeit Raphaels betreffen. Hierbei soll geklärt werden, ob und welche Gemälde von Mitarbeitern Raphaels angefertigt wurden. Durch das Verzeichnis können jene Schüler aus dem Kreis um Raphael, die an seinen Werken mitwirkten, aber auch Werke des Meisters selbst leichter identifiziert werden. Ein Beispiel dafür ist das 1518 entstandene Gemälde "Maria mit Kind und der hl. Elisabeth mit dem Johannesknaben", die so genannte "Perla" des Prado in Madrid. Durch neuere technische Analysen lässt sich nun bestätigen, dass nicht Raphaels Schüler Giulio Romano das Bild malte, wie es seit dem 19. Jahrhunderts vermutet wurde, sondern Raphael selbst.