Münster (upm), 11. Juli 2005
Das Leben von Carl Diem, der als Sportpädagoge, -journalist und -historiker wirkte, Mitorganisator der Olympischen Spiele von Berlin 1936 war und als der bedeutendste Sportfunktionär Deutschlands im 20. Jahrhundert gilt, wirft viele Fragen auf. Denn bei allen Verdiensten überschatten die zwölf Jahre des Nationalsozialismus sein Leben so stark, dass Mitte der 90er-Jahre eine öffentliche Debatte darüber entstand, ob beispielsweise die vielen Carl-Diem-Straßen umbenannt werden müssten. Der Historiker Privatdozent Dr. Frank Becker und der Sportwissenschaftler Prof. Dr. Michael Krüger wollen im Auftrag der Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung, des Deutschen Sportbundes (DSB), des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) und der Deutschen Sporthochschule Köln versuchen, das Leben und Wirken Diems in seinen jeweiligen gesellschaftlichen Kontexten genauer zu beleuchten. Zu diesem Zweck fand Anfang Juli die erste Tagung zur Erarbeitung einer Biographie Carl Diems statt.
Sie widmete sich unter dem Titel "Konzeptionelle Überlegungen zum Genre der Biographie im Allgemeinen und zu einer Diem-Biographie im Besonderen" vor allem theoretischen und methodischen Fragen. Diese Fragen wurden aber auch bereits mit den konkreten Problemen der Rolle Diems in der Sportgeschichte des 20. Jahrhunderts verknüpft. Daher wurden in den vier Sektionen der Tagung - zur Relevanz von Generationsmodellen für die Biographik, zur Verarbeitung biographischer Brüche, zur Frage der Integration verschiedener sozialer Rollen und zur Bedeutung sozialer Netzwerke - immer Vorträge von Allgemeinhistorikern neben Vorträge von Sporthistorikern gestellt.
Weitere Zwischenergebnisse werden auf den nächsten Workshops diskutiert, die, eingebettet in einen Zyklus von insgesamt vier Veranstaltungen, wiederum in Münster stattfinden werden. Eine Publikation der Beiträge und Ergebnisse der Tagung ist für das Frühjahr 2006 geplant.