Pressemitteilung upm

Ambulante Pflege zwischen Staat, Markt und Familie

Schwere Gratwanderung zwischen Qualität und Wirtschaftlichkeit

Münster (upm), 05. September 2005

Im Zuge des Älterwerdens der Gesellschaft wird die Anzahl der pflegebedürftigen Personen kontinuierlich steigen. Die Belastungen, die dadurch auf dem Sozialstaat lasten, sind jetzt schon von enormer Größe. In Zukunft wird damit auch der ambulanten Pflege eine immer größere Rolle zukommen. Durch die "Vermarktlichung" auch in diesem Bereich hat der Wettbewerb zwischen den Anbietern stark zugenommen. Dies bestätigen jetzt auch Forschungsergebnisse am Institut für Christliche Sozialwissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster. Das Projekt "Ambulante Pflege zwischen Familie, Staat und Markt" wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert, die Ergebnisse wurden mittlerweile in drei Bänden veröffentlicht.

Das Forschungsteam, bestehend aus Prof. Dr. Karl Gabriel, Dr. Helmut Geller, Dr. Sigrid Bathke und Dr. Stefan Leibold, untersuchte wie ambulante Pflegedienste auf die neuen Rahmenbedingungen reagieren, welche Konzepte sie entwickelt haben und wie diese in der Praxis umgesetzt werden. Darüber hinaus wurden auch das berufliche Selbstverständnis der Pflegenden und die Perspektive der Patienten untersucht. Insgesamt nahmen an der in den Jahren 2002/2003 durchgeführten Erhebung 20 Pflegestationen unterschiedlicher Trägerschaften in Münster und Essen teil.

Hauptergebnis ist bei dem Projekt unter anderem, dass die steigende Ökonomisierung der ambulanten Pflege zu zahlreichen Einsparungen im Personalbereich führt. So werden zum Beispiel teilweise unqualifizierte Kräfte eingesetzt, weil diese günstiger als ausgebildete Mitarbeiter sind. Die mit der Pflegeversicherung installierte Ökonomisierung führte, wie die Wissenschaftler in Münster herausgefunden haben, ebenfalls dazu, dass die psycho-soziale Betreuung stärker vernachlässigt wird. Die modularisierten Leistungen beziehen sich insbesondere auf die körperliche Pflege oder auch die hauswirtschaftliche Unterstützung und sind zeitlich sehr streng bemessen. Dabei spielt gerade der psycho-soziale Aspekt bei der Betreuung eine große Rolle, nicht zuletzt um überhaupt erst eine Vertrauensbasis zwischen Pflegebedürftigen und Mitarbeiter zu schaffen.

Aus ihren Ergebnissen schließen die Wissenschaftler, dass die berufliche Qualifikation der Mitarbeiter zu verbessern ist und dass ehrenamtliche Tätigkeiten stärker in die ambulante Betreuung Pflegebedürftiger miteinbezogen werden sollten. Nicht zuletzt könne eine Verbesserung der Pflege nur durch eine Veränderung der politischen Rahmenbedingungen erreicht werden. Hierzu sei allerdings eine breite öffentliche Diskussion notwendig.

Institut für Christliche Sozialwissenschaft