Pressemitteilung upm

Rettet den Fußball vor der Sportschau!

Offener Brief löst lebhafte Diskussion in Deutschland aus

Münster (upm), 30. September 2005

Rettet den Fußball vor der Sportschau! Mit diesem Appell haben sich Wissenschaftler der Universität Münster und anderer Hochschulen sowie Vertreter des kulturellen Lebens in einem offenen Brief an die Verantwortlichen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des Fußballs in Deutschland gewendet. Die ARD-Sportschau informiere nicht mehr über Fußball, sondern gerate mehr und mehr zu einer Werbe- und Unterhaltungsshow. Der Brief löste scharfe Reaktionen bei WDR und ARD aus, sorgte für ein lautstarkes Medien-Echo und regte die Diskussion unter Fußball-Fans an.

Die Unterzeichner des offenen Briefes kritisieren die Berichterstattung über die Fußball-Bundesliga in der ARD-Sportschau, deren Sendezeit überwiegend für Werbung und Ankündigungen verbraucht werde, während die eigentliche Information über die Spiele deutlich zu kurz komme. Die Sportschau habe offensichtlich einen Zuschauer vor Augen, "der vom Fußball nichts versteht und der durch ständige Wiederholungen von Selbstverständlichkeiten und Ankündigungen auf das bevorstehende Vergnügen hingewiesen werden muss". Dieser Art von Sportberichterstattung wohnt nach Meinung von Prof. Dr. Dieter H. Jütting vom Institut für Sportkultur und Weiterbildung der Universität Münster, eine "Tendenz zur Infantilisierung" inne.

In den ohnehin kurzen Berichten über die Bundesligaspiele werde der Eindruck erzeugt, "als ob Fußball nur aus Fehlentscheidungen der Schiedsrichter, Fouls der Spieler, Fehlschüssen oder Toren besteht". Die Zerlegung des Spiels in wenige, nicht-repräsentative Situationen nehme dem Fußball den Spielcharakter. Der Zuschauer erhalte so keine Chance, sich angemessen über die Bundesliga im Fernsehen zu informieren: "Die Bundesliga-Sportschau berichtet nicht mehr über den Fußball, sondern sie gerät mehr und mehr zu einer Werbesendung für Produkte, Personen und Sendungen. Sie ist tendenziell zu einer Werbegameshow geworden".

Prof. Jütting fürchtet gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus der Sportwissenschaft und anderen Disziplinen, dass die "unwürdige, unerwachsene und klamaukhafte Inszenierung in der Bundesliga-Sportschau dem Spiel Schaden zugefügt wird". Gerade der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse seinen Auftrag ernst nehmen und in seiner Sportschau auch informieren und nicht nur unterhalten. Die Unterzeichner des offenen Briefs fordern deshalb Fußballsendungen im Fernsehen, die "diesen Sport nicht als Umfeld für Werbung, Vermarktung und Inszenierung opfern".

Der ARD-Sprecher Rudi Küffner reagierte auf den offenen Brief mit dem Hinweis, dass drei Viertel der Fußball-Fans nach einer Umfrage der "Bild am Sonntag" die Sportschau besser finden als ihren Vorgänger "ran" bei SAT 1. Vom erfolgreichen Weg werde sich die ARD nich abbringen lassen "auch nicht durch ein gelegentliches Stürmerfoul mit anschließender Rudelbildung an der Wilhelms-Universität Münster". Auch WDR-Intendant Fritz Pleitgen reagierte auf die Kritik an der Sportschau sehr persönlich: "Ich hätte von Ihrem Kreis solide, auch scharfe Kritik und wertvolle Anregungen erwartet. Stattdessen berauschen Sie sich an der Polemik auf dem Niveau einer Bierzeitung." Er versprach aber gleichwohl weitere Optimierungen der Sendung und stellte in Aussicht, dass sich die Redaktion der Sportschau der Diskussion im Rahmen einer öffentlichen Ringvorlesung zum Thema Fußball im Wintersemester an der Universität Münster stellen werde.

Akademisches Fußball-Team der Sportwissenschaft