Pressemitteilung upm

Auferstanden aus Ruinen

Ausstellung zur Wiedereröffnung der Universität vor 60 Jahren

Münster (upm), 03. November 2005

[Wiederaufbau]
Vor dem Studium war erst Steineschleppen angesagt.
   

Münster lag in Trümmern, die Bücher waren verbrannt, große Teile der Universität nach Göttingen und Bad Salzuflen ausgelagert. Nur vier der 39 größeren Universitätsgebäude wiesen im Mai 1945 nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes nur geringe oder gar keine Beschädigungen auf. 250.000 der 430.000 Bücher der Universitätsbibliothek waren vernichtet. Trotzdem wurde die Universität Münster am 3. November 1945 als "Westfälische Landesuniversität" feierlich in der Stadthalle wieder eröffnet.

Der Wiedereröffnung der Universität Münster nach dem 2. Weltkrieg vor 60 Jahren widmet sich eine Ausstellung im Schloss zu Münster. Die Ausstellung wurde vom Universitätsarchiv zusammen mit Studierenden der Geschichtswissenschaft erarbeitet. Ein Sonderteil von Dr. Jörg Niemer widmet sich dem Wiederaufbau des Schlosses. Die Ausstellung kann montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr kostenlos besichtigt werden. Kostenlose Führungen werden werktags um 18 Uhr angeboten. Im Rahmen des "Elternalarms" gibt es am 5. und 6. November um 11 Uhr und 16 Uhr zusätzliche Führungen. Im Anschluss wird die Ausstellung vom 18. November bis 16. Dezember im Lesesaal der Universitäts- und Landesbibliothek am Krummen Timpen 3-5 gezeigt.

Wie muss man sich das Studium 1945 vorstellen? An allem herrschte Mangel. Weil es wenig Heizmaterial gab, behielt man den Mantel während der Vorlesung an. Da man nicht wusste, wo man sich im Winter zwischen den Veranstaltungen aufhalten sollte und auch einen sicheren Sitzplatz nicht aufgeben wollte, blieben viele auch bei fachfremden Vorlesungen im Hörsaal. Bücher und Schreibmaterial, vor allem in guter Qualität, waren Mangelware. Eine Notmensa konnte rund 100 Studierende versorgen. Die Bürger Münsters waren aufgefordert, bedürftige Studierende zum Essen einzuladen. Insgesamt zählte die Universität Münster, an der heute 40.000 Studierende eingeschrieben sind, bei der Wiedereröffnung vor sechzig Jahren 1.050 Studierende.

Die britische Besatzung forcierte den Wiederaufbau, wobei ganz praktische Erwägungen eine wichtige Rolle spielten: Zum einen musste die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicher gestellt werden, so dass zumindest an der Arbeit der Universitätskliniken ein vitales Interesse bestand. Zum anderen bildeten die Universitäten einen wichtigen Baustein im Anliegen der Briten nach demokratischer "Re-Education" der deutschen Bevölkerung. Die Demokratisierung der Gesellschaft könne nur gelingen, wenn man die Jugend und hier besonders die Elite einbeziehe. Zu den wichtigsten Aufgaben des im Sommersemester 1946 eingesetzten britischen Universitätsoffiziers gehörten insbesondere Entnazifizierungsmaßnahmen, das Herstellen von Kontakten zu Dozenten und Studierenden mit dem besonderen Ziel der Bildung von studentischen Gemeinschaften sowie der Aufbau von internationalen Beziehungen. Die Lehrenden mussten in Fragebögen Auskunft über ihre Aktivitäten und Mitgliedschaften zwischen 1933 und 1945 ausfüllen. Die Entnazifizierung der Studierenden wurde über die Zulassung zum Studium geregelt. Im Herbst 1952 wurden sämtliche Zulassungsbeschränkungen aufgehoben. Der Aufbau einer funktionierenden Infrastruktur nahm aber noch lange Jahre in Anspruch. Überall erinnerten Trümmer und Mangel an den Krieg, bis Mitte der 50er Jahre das Wirtschaftswunder einsetzte.

Archiv der Universität Münster