Pressemitteilung upm

Einzelnen Atomen auf der Spur

Elektronenmikroskop der Spitzenklasse an der Universität Münster installiert

Münster (upm), 01. Dezember 2005

[Mikroskop]
Das neue Elektronenmikroskop mit den Antragstellern (vorne v. l.: Prof . Dr. Guido Schmitz, Prof . Dr. Rudolf Reichelt, hinten v. l.: Prof . Dr. Andrew Putnis, Prof . Dr. Helmut Kohl und Privatdozent Dr. Nicolaas Stolwijk).
Foto: Leer   

Immer kleiner werden die Schaltkreise, die auf einem Computerchip untergebracht werden können und immer dichter werden die Daten auf Festplatten gespeichert. Nicht nur in der Computerindustrie werden Nanostrukturen immer wichtiger. Mit den Grundlagen zu zukunftsweisenden Entwicklungen wie zum Beispiel Quantencomputern, Spintronic und Nanooptik befassen sich die Wissenschaftler, die sich im Fachbereich Physik zum Forschungsschwerpunkt "Nanophysik" zusammengeschlossen haben. Die Untersuchung derartiger Nanostrukturen erfordert besonders leistungsfähige Geräte. An der Universität Münster wurde ein neuartiges Elektronenmikroskop im Wert von rund 1,2 Millionen Euro installiert, das einer Antragsgemeinschaft unter Federführung von Prof. Dr. Helmut Kohl vom Physikalischen Institut von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen ihrer Großgeräteinitiative "Hochauflösende Elektronenmikroskopie" bewilligt wurde. Für die Beschaffung einiger Zusätze hat die Universität weitere 500.000 Euro bereitgestellt.

Das neue Mikroskop ist ein Durchstrahlungs-Elektronenmikroskop vom Typ Libra 200 FE, das von der Firma Zeiss völlig neu entwickelt wurde. Das Gerät ist mit einem abbildenden Energiefilter ausgestattet, das die Darstellung großer Bildfelder mit hoher Detailauflösung gestattet. Dabei können gezielt für einzelne Elemente charakteristische Energieverluste selektiert und zur Abbildung der Verteilung dieses Elements verwendet werden. In Verbindung mit einem neuartigen Kamerasystem erlaubt dieses Filter die Aufzeichnung von Elementverteilungen mit Nanometer-Auflösung und 16 Millionen Bildpunkten. So können chemische Analysen in kleinsten Bereichen von nur wenigen Atomdurchmessern exakt durchgeführt werden. In dieser Form ist das neue Gerät weltweit einzigartig.

Im Rahmen des Forschungsschwerpunkts "Nanophysik" werden die im Institut für Materialphysik angesiedelten Arbeitsgruppen um die Professoren Christian Herzig, Eckhard Nembach und Guido Schmitz und um Privatdozent Dr. Nicolaas Stolwijk atomare Vorgänge in nanostrukturierten Materialien untersuchen. Diese Materialien zeichnen sich durch eine hohe Dichte innerer Grenzflächen aus, die Haftstellen für Fremdatome und Pfade schnellen Atomtransports darstellen. Das neue Mikroskop erlaubt es erstmals, die Anreicherung verschiedener chemischer Komponenten auf der Längenskala von wenigen Nanometern festzustellen und die Transportwege der Atome aufzudecken. So erwarten die Forscher Einblicke in die physikalischen Mechanismen wichtiger technischer Prozesse, wie etwa der Segregation in Halbleiterstrukturen, der thermischen Reaktion von Magnetsensoren, der Bildung mikroskopisch kleiner Lötverbindungen oder der Be- und Entladungsvorgänge in miniaturisierten Dünnschichtbatterien.

Die Gruppe um Prof. Dr. Helmut Kohl im Physikalischen Institut ist vor allem an der Weiterentwicklung der elektronenmikroskopischen Untersuchungsmethoden mit dem Ziel einer weiteren Verbesserung der Auflösung und an Verfahren zur quantitativen Auswertung der Daten interessiert. In einem weiteren Projekt wird Prof. Dr. Andrew Putnis vom Institut für Mineralogie der Frage nachgehen, wie sich umweltgefährdende Schwermetalle an Mineralien anlagern.

Über die Zusammenarbeit der einerseits methodisch und andererseits materialwissenschaftlich orientierten Gruppen hinaus werden Wissenschaftler aus den Instituten für Medizinische Physik und Biophysik, für Mikrobiologie und für Allgemeine Zoologie und Genetik die Verteilung ausgewählter Elemente in Zellen untersuchen. Die Elementverteilung erlaubt unter anderem die Lokalisierung von Molekülen in einzelnen Zellen, sofern die Moleküle dieses charakteristische Element enthalten oder damit künstlich markiert wurden. Deutlich erweiterte Perspektiven ergeben sich für die Untersuchung von biologisch-medizinischen Proben, die der konventionellen Durchstrahlungs-Elektronenmikroskopie wegen ihrer Dicke nicht zugänglich sind. Auch Arbeitsgruppen auswärtiger Universitäten und Forschungszentren haben bereits Interesse an einer Mitnutzung des neuen Elektronenmikroskops angemeldet.

Fachbereich Physik