Pressemitteilung upm

Morgens operiert, abends im eigenen Bett

Am UKM entsteht ein Zentrum für ambulantes Operieren

Münster (upm), 30. November 2005

[Rühland]
Prof. Dr. Dieter Rühland
Foto: Reising   

Morgens operiert, abends bereits wieder im eigenen Bett? Für immer mehr Patienten, die sich einem chirurgischen Eingriff unterziehen müssen, trifft dies heute zu. Im Zuge der großen Fortschritte sowohl bei den Operationstechniken als auch auf dem Gebiet der Anästhesie steigt die Zahl der ambulanten Operationen stetig. Das Universitätsklinikum Münster (UKM) trägt dieser Entwicklung durch Einrichtung eines interdisziplinären Zentrums für ambulantes Operieren Rechnung. Mit der bevorstehenden Schaffung einer entsprechenden Infrastruktur gehört das UKM damit bundesweit zu den Vorreitern auf diesem Gebiet.

Freilich fällt der Startschuss für ambulantes Operieren am UKM nicht erst mit der Eröffnung des neuen Zentrums, mit der nach entsprechenden Umbauarbeiten im Bereich der Zahnklinik voraussichtlich im Laufe des nächsten Jahres zu rechnen ist. Vielmehr sind solche Eingriffe mittlerweile in nahezu allen operativen und zunehmend auch in konservativen Disziplinen am UKM etabliert. Und ihre Zahl hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Von 1.150 ambulanten Operationen im Jahr 1995 hat sich die Zahl 2004 auf 3.840 weit mehr als verdreifacht. Was nicht allein an den medizinischen Fortschritten liegt. Vielmehr kommen die Krankenhäuser heute gar nicht mehr umhin, bestimmte Eingriffe ambulant durchzuführen, da sie ansonsten kräftig draufzahlen würden. "Eine große Zahl von Operationen, die in einem Katalog festgelegt sind, dürfen gar nicht mehr stationär durchgeführt werden", verweist Prof. Dr. Dieter Rühland, langjähriger Chef der Chirurgie einer Klinik am Bodensee und jetziger Leiter des neuen Zentrums am UKM, auf entsprechende gesetzliche Vorgaben. Wer also heute beispielsweise bei einer Krampfaderoperation den Patienten noch über Nacht oder gar länger in der Klinik behält, macht ein großes Zuschussgeschäft, denn bezahlt wird nur ein Festsatz für den ambulanten Eingriff. Es sei denn, es können überzeugende medizinische Begründungen für eine Ausnahme geltend gemacht werden.

Doch auch wer die gesetzlichen Vorgaben voll erfüllt und sämtliche im Katalog gelistete Operationen tatsächlich ambulant durchführt, macht irgendwann spürbare Defizite, wenn von der Logistik her alles beim Alten bleibt. Im Klartext: Ambulante Operationen in denselben Operationssälen durchzuführen, wo auch stationäre Eingriffe erfolgen, ist auf Dauer ausgesprochen unrentabel. "Die Wechselzeiten sind zu lang", erklärt Rühland. Und zwar pro ambulanter Operation im Schnitt um 20 Minuten. Da kommt bei der Vielzahl an ambulanten Operationen allein an einem Tag viel Zeit zusammen, die nicht effektiv genutzt werden kann. Denn Geld bringen nur die so genannten Naht-Schnitt-Zeiten, sprich die eigentliche Operation. Alles in allem, so rechnet Rühland vor, komme bei einer einzigen ambulanten Operation, beispielsweise der eines Leistenbruchs, schnell ein Defizit von bis zu 2000 Euro zusammen.

Grund genug also für das UKM, die ambulanten Operationen künftig in einem eigenen Zentrum zu konzentrieren. Nachdrücklich hebt Rühland hervor, dass jede Klinik ihre Operationen in eigener Regie beziehungsweise mit eigenen Ärzten durchführt. Vor Ort sei jedoch eine feste OP-Mannschaft aus Anästhesisten und Pflegepersonal, betont der Leiter der neuen Einrichtung, die nach seinen Worten den Charakter eines Servicezentrums haben wird. Der Leiter des Zentrums geht davon aus, dass bei voller Auslastung der vier OP-Säle dort 4000 bis 6000 ambulante Operationen pro Jahr durchgeführt werden können. Vorrang haben natürlich erst einmal die Mediziner des UKM. Derzeit wird ermittelt, wie hoch der Bedarf im eigenen Haus ist. Um die Kapazitäten voll auszuschöpfen, will man darüber hinaus niedergelassenen Ärzten die Möglichkeiten geben, das Zentrum für eigene ambulante Operationen zu nutzen.

Da die Zunahme des ambulant durchzuführender Eingriffe unmittelbar mit der Entwicklung minimal-invasiver Operationstechniken zusammenhängt, wird die Aus- und Weiterbildung in diesem Bereich künftig einen hohen Stellenwert bekommen. So wird der neuen Einrichtung ein minimal-invasives Trainingszentrum angegliedert, in dem entsprechende Kurse für Mediziner aus dem eigenen Haus, aber auch für externe Interessenten stattfinden. Wenngleich die Unterbringung noch nicht abschließend geklärt ist, rechnet Rühland doch damit, dass das Trainingszentrum seine Arbeit noch eher aufnimmt als das Zentrum für ambulantes Operieren selbst.