Pressemitteilung upm

Statt Schokoriegel lieber einen knackigen Apfel

Jedes fünfte Schulkind in Europa hat Übergewicht / Kardiologe warnt vor schweren gesundheitlichen Folgen

Münster (upm), 14. Dezember 2005

Statt Schokoriegel eine knackige Möhre, statt Limo eine ausgepresste Orange oder statt Pommes mit Ketchup Pellkartoffeln mit Kräuterquark? Nein, für solche oder ähnliche Alternativen zum gewohnten Speisezettel können sich Kinder heute immer weniger begeistern. Ganz im Gegenteil nimmt der Konsum ungesunder Lebensmittel, die sich durch einen hohen Fett-, Zucker- oder Salzgehalt auszeichnen und wenig essenzielle Mineralien, Vitamine und andere wichtige Nährstoffe enthalten, europaweit immer mehr zu. Mit Besorgnis erregenden Folgen: Etwa jedes fünfte Schulkind in Europa bringt mittlerweile zu viele Pfunde auf die Waage. Und ein Viertel der übergewichtigen Jungen und Mädchen gilt sogar als fettleibig und damit als hochgradig gefährdet, noch vor Erreichen des Erwachsenenalters gefährliche Herz-Kreislauf-Probleme, Diabetes oder andere Erkrankungen zu erleiden.

"Dies ist ein sehr ernstes Problem, dessen wir uns alle annehmen sollten", betont der münstersche Kardiologe Prof. Dr. Breithardt. "Sonst verderben wir die Gesundheit einer ganzen Generation", so der Direktor der Medizinischen Klinik C des Universitätsklinikums Münster (UKM), der gleichzeitig eine kaum vorstellbare Kostenexplosion im Gesundheitssystem vorhersagt, sollten sich die Ernährungsgewohnheiten der Kinder nicht nachhaltig verändern. Unmittelbarer Anlass für die aktuelle Besorgnis des Mediziners ist eine europaweite Studie, in der speziell an die Zielgruppe Kinder und Jugendliche gerichtete Strategien von Werbung und Marketing für "ungesunde" Lebensmittel unter die Lupe genommen wurden. Breithardt ist Mitglied des Beirates der Deutschen Herzstiftung, die diese Untersuchung zusammen mit 20 weiteren nationalen Herzstiftungen in Europa durchgeführt hat.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die dramatische Zunahme der Zahl übergewichtiger Kinder mit einem Boom gezielter Werbung und ausgeklügelten Marketings für ungesunde Lebensmittel einhergeht. Längst erstrecken sich die Bemühungen der Lebensmittelindustrie, Kinder und Jugendliche zu erreichen, nicht mehr allein auf das Fernsehen. Wenngleich dieses nach wie vor das wichtigste Werbemedium sei, werde daneben auch das Internet in rasant wachsendem Maße genutzt, um Kindern Appetit auf vielerlei ungesunde Dickmacher wie Chips, Schokoriegel, Fastfood und Softdrinks zu machen. Weitere Marketingstrategien reichen, wie die Studie aufzeigt, vom Sponsoring von Veranstaltungen bis zum Vertrieb der Produkte über Verkaufsautomaten an Schulen. Wie bei der Untersuchung festgestellt wurde, gibt es in den einzelnen europäischen Ländern kaum Initiativen zur Kontrolle und Eindämmung des Werbebooms.

Einzig in Norwegen und Schweden sei an Kinder gerichtete Fernsehwerbung verboten, wobei der beabsichtigte Schutz der jungen Zuschauer allerdings durch über Kabel oder Satellit zu empfangene Werbespots aus anderen Ländern untergraben werde. Nicht zuletzt aufgrund dieser Erfahrungen fordern die an der Studie beteiligten Wissenschaftler einen europaweiten Ansatz zum Verbot entsprechender Werbe- und Marketingmaßnahmen für ungesunde Lebensmittel. Darüber hinaus sei ein umfangreiches Maßnahmenprogramm zur Bekämpfung der kindlichen Adipositas (Fettleibigkeit) vonnöten, das neben der Änderung der Ernährungsgewohnheiten auch die Förderung körperlicher Bewegung zum Ziel hat. Um dies zu erreichen, wird auch auf die hohe Bedeutung von Erziehung und Bildung verwiesen.

Prof. Breithardt kann die in der Studie ausgesprochenen Empfehlungen nur nachdrücklich unterstützen. Trotz großer Fortschritte bei der Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen sei Prävention allemal besser als jede Therapie. Wenn sich Kinder und Jugendliche das Jahr über gesund ernähren, sei aber durchaus auch mal eine Ausnahme möglich, will er gerade an den bevorstehenden Festtagen die süße Freude nicht verderben. Ein paar Marzipankartoffeln oder Dominosteine am Weihnachtsabend sind also durchaus erlaubt ... wenn im neuen Jahr wieder Apfel oder Möhre in die Schultasche gepackt werden.