Pressemitteilung upm

Manchmal beginnt Weihnachten im Frühling

Volkskunde-Studierende der Universität Münster an Weihnachtsausstellung in Detmold beteiligt

Münster (upm), 20. Dezember 2005

[Weihnachtsausstellung]
Zur Ausstellung gehört unter anderem auch ein Weihnachtsstand aus dem Jahr 1950 mit Weihnachtsschmuck aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Foto: Pollmann, Lippisches Landesmuseum   

Die Vorbereitungen auf Weihnachten laufen bei einigen Studierenden der Volkskunde und Religionswissenschaften der Universität Münster schon seit dem Frühling: Während draußen die Blumen blühten und die Vögel zwitscherten betrachteten sie alte Weihnachtsbilder mit Winterlandschaften, Familienidyll und Engeln. Seit April haben die Studierenden eine Ausstellung zum Thema "Weihnachten - Zwischen Erwartung und Erfüllung" vorbereitet. Die Ausstellung ist noch bis zum 8. Januar im Lippischen Landesmuseum in Detmold zu sehen.

Vom Literaturstudium, über die Sichtung von Postkarten, Weihnachtsfotos und altem Weihnachtsschmuck bis zur Aufteilung des Ausstellungsraumes war viel zu tun. Für die Studierenden eine gute Chance, in ein mögliches späteres Betätigungsfeld hineinzuschnuppern, für das Museum ergab sich eine schöne Weihnachtsausstellung.

Eine Halle von 300 Quadratmetern haben die Studierenden und die Mitarbeiter des Museums weihnachtlich ausgeschmückt. Auf einer Stellage im Zentrum des Raumes prangt ein eingerichtetes Weihnachtszimmer aus den 1930er Jahren. Gezeigt wird eine Familie vor dem Eintritt in die Weihnachtsstube in erwartungsvoller Vorfreude und Spannung. Nur ein Schlüsselloch ermöglicht, einen heimlichen Blick auf die Geschenke und auf den Weihnachtsbaum zu erhaschen. Der kleine mit Glaskugeln und Kerzen geschmückte Tannenbaum dreht sich auf seinem Ständer. Unter dem Baum liegen die Geschenke: ein selbst hergestelltes Vogelbauer und ein großer Holzstall für die Kinder sowie ein Paar warme Winterstrümpfe und ein Teller mit Äpfeln und Nüssen.

Ein weiteres Weihnachtszimmer mit Schmuck und Plastikspielzeug aus dem Jahr 2005 lädt Kinder zum Spielen ein. Aber auch sehr alte Ausstellungsstücke illustrieren die Entwicklung der Weihnachtsvorstellungen: Zum Beispiel die Verkleidungen des niederländischen "Sint Nicolaas" und des "zwarten Pieten" oder eine "Chorkappe" von Benediktinermönchen von zirka 1700, die dem alten Nikolauskostüm zum Vorbild diente. Einen besonderen Kontrast in der Ausstellung bietet der Vergleich zwischen Weihnachten während des 2. Weltkrieges und Weihnachten in der Nachkriegszeit unter dem Motto "Endlich Frieden."

Die Entwicklung zwischen 1700 und 2005, die Weihnachtszeit zwischen Erwartung und Erfüllung wird in der Ausstellung gezeigt. Dr. Imke Tappe-Pollmann vom Lippischen Landesmuseum erzählt, was sie und die Studierenden herausgefunden haben: "Unsere heutige Vorstellung von Weihnachten hat sich im 19. Jahrhundert entwickelt. In der Region Lippe wird zum Beispiel der "Lichterbaum" erstmals 1822 schriftlich erwähnt. Seither begann die Einstimmung auf den besinnlichen Heiligabend jedes Jahr während der Adventszeit." In dieser Zeit der Erwartung, so berichtet sie, wurde erzählt, gebacken und gebastelt. Im Wald wurden Tannenzapfen gesucht, um damit den Adventskranz zu schmücken.

Vor dem 2. Weltkrieg ging es karg zu, die Menschen waren jedoch findig. Tappe-Pollmann: "Es wurden Engel aus Sperrholz ausgesägt und angemalt. Alte Weihnachtskugeln wurden mit Stanniolpapier umwickelt, um wieder im Kerzenschein am Weihnachtsbaum zu glänzen." Später dann, in den 1950er Jahren, wurden Sterne aus Goldpapier und Stroh hergestellt. Die Erfüllung kam dann zunächst am ersten Weihnachtstag. Tappe-Pollmann berichtet von einer besonderen Messe: "Um 1900 fand in manchen lippischen Orten an diesem Morgen die 'Lichterkirche' statt. Sie begann um 6 Uhr. In Festtagskleidung machte man sich mit Stalllaternen auf den Weg durch die Dunkelheit in die Kirche. Unterwegs traf man Freunde und Bekannte. Während des Gottesdienstes brannten Wachskerzen an den Tannenbäumen und in eisernen Kerzenhaltern, die oftmals an den Bänken angebracht waren."

Der Heiligabend spielte in vielen Familien bis in die 1930er Jahre hinein als Feiertag keine Rolle. Die von den Kindern herbeigesehnte Bescherung fand erst nach dem Kirchbesuch am Weihnachtsmorgen statt. Sie diente nicht zuletzt pädagogischen Zwecken: Das artige Kind wurde belohnt, das ungehorsame bestraft. Spielzeug gab es allerdings nur in wohlhabenden Familien - gewöhnlich gab es nützliche Geschenke wie Handschuhe und Mützen.

Zur heutigen Konsumweihnacht merkt die Detmolder Volkskundlerin Dr. Tappe-Pollmann kritisch an: "Heutzutage scheint der Glanz des Weihnachtszimmers in dem Lichtermeer und dem Warenangebot der Kaufhäuser zu verblassen. Dennoch feiert heute jeder sein persönliches Weihnachtsfest."

Lippisches Landesmuseum Detmold