Pressemitteilung upm

Das Evangelium nach Judas

Vortrag des Koptologen Prof. Dr. Stephen Emmel

Münster (upm), 19. Mai 2006

[Emmel]
Prüfung des Kodex in Genf im Jahre 2004 durch Prof. Dr. Stephen Emmel (Mitte)
Foto: National Geographic Society   

Im April sorgte eine Handschrift aus Ägypten für weltweites Aufsehen. In dem erstmals der Weltöffentlichkeit präsentierten Manuskript befindet sich eine alte Übersetzung des bislang als verschollen gegoltenen "Evangeliums des Judas": Der Koptologe Prof. Dr. Stephen Emmel von der Universität Münster bekam den Kodex bereits vor 20 Jahren zu sehen, konnte die Handschrift aber nicht erwerben, weil der Preis zu hoch war. Mit Unterstützung der amerikanischen "National Geographic Society" gelangte sie schließlich doch in die Hände von Wissenschaftlern, unter anderem in die von Emmel, der von National Geographic damit beauftragt wurde, die Echtheit des Manuskriptes zu überprüfen.

Im so genannten "Judas-Evangelium" wird Judas, ganz im Gegensatz zu den kanonischen vier Evangelien, als treuester Freund Jesus' dargestellt, den dieser selbst beauftragt, ihn an seine Feinde auszuliefern. "Die Entdeckung des Judas-Evangeliums ist eine Sensation", so "National Geographic". Allerdings nicht für die historische Rekonstruktion des "Verrats" Jesu durch den historischen Judas, sondern für die Geschichte des Christentums im zweiten Jahrhundert. Da der um 180 schreibende Irenäus von Lyon den Judas-Kodex in seinem Werk "Gegen die Häresien" ausdrücklich erwähnt hat, ist es mit großer Sicherheit in diese Zeit zu datieren.

Am 23. Mai wird Emmel um 19.15 Uhr im Hörsaal H3, Hörsaalgebäude Hindenburgplatz, den Hintergrund der Publikation und die Auswertung des Judas-Kodexes in einem öffentlichen Vortrag erläutern. Der Kodex ist die 17. koptisch-gnostische Handschrift, die in den letzten Jahrhunderten entdeckt worden ist. Am berühmtesten sind die 13 so genannten Nag-Hammadi-Codices, die 1945 in Oberägypten ans Licht kamen. An einem in den 70er Jahren durchgeführten internationalen Projekt, die zum Teil stark beschädigten Nag-Hammadi-Codices zu rekonstruieren, zu konservieren und zu veröffentlichen, hat Prof. Emmel am Anfang seiner wissenschaftlichen Laufbahn teilgenommen. So ist seine gesamte Forscherkarriere aufs Engste mit den koptisch-gnostischen Schriften verbunden.

Institut für Ägyptologie und Koptologie