Pressemitteilung upm

Schüler als Lebensretter

Modellprojekt zur Laienreanimation an zwei Gymnasien in Münster und Aachen

Münster (upm), 25. August 2006

Mitten im Einkaufsgetümmel der Fußgängerzone sinkt plötzlich eine ältere Dame zu Boden. Schnell versammelt sich eine Traube Neugieriger um die bewegungslos daliegende Frau, die offensichtlich das Bewusstsein verloren hat. Einer der Herumstehenden verständigt zwar per Handy sofort den Notarzt. Bis zum Eintreffen des Rettungswagen, geschieht dann aber erst einmal gar nichts weiter. Szenen wie diese sind leider typisch: Wenn Erste Hilfe gefragt ist, sind viele Menschen einfach überfordert. Da sie nicht wissen, was genau zu tun ist, tun sie lieber gar nichts, sondern vertrauen auf baldiges Erscheinen der professionellen Helfer.  

"Wertvolle Minuten verstreichen, die ausschlaggebend für das Überleben ohne schwere Gehirnschäden sind", verweist Prof. Dr. Hugo Van Aken, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin des Universitätsklinikums Münster (UKM) auf die große Notwendigkeit unverzüglicher Wiederbelebungsmaßnahmen bei Herzkreislaufstillstand. Seine Idee zur Verbesserung der bislang äußerst unbefriedigenden Situation ist es, die Vermittlung von Wiederbelebungsmaßnahmen in den Schulunterricht zu integrieren, also bereits Schüler zu Lebensrettern auszubilden. Normalerweise werden bislang entsprechende Kenntnisse erst beim Erste-Hilfe-Kursus im Zusammenhang mit der Führerschein-Prüfung vermittelt - und geraten meistens bald wieder in Vergessenheit.  

Ziel eines im September unter der Leitung Van Akens startenden und in Kooperation mit zwei Gymnasien in Münster und Aachen durchgeführten bundesweiten Modellprojektes ist es, entsprechende schulische Unterrichtseinheiten anzubieten und deren tatsächlichen Erfolg zu überprüfen. Sollten die Ergebnisse der wissenschaftlichen Evaluation die Erwartungen bestätigen, wäre dies laut Van Aken ein hinreichender Anlass, entsprechende Reanimationskurse künftig fest im schulischen Curriculum zu verankern. Optimistisch stimmt ihn in diesem Zusammenhang die Schützenhilfe von der zuständigen politischen Seite: Barbara Sommer, Ministerin für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen hat die Schirmherrschaft für das Vorhaben übernommen.  

Im Rahmen des Modellprojektes wollen die Beteiligten insbesondere herausfinden, in welcher Jahrgangsstufe sich ein solcher Kursus am besten anbietet und wie er aufgebaut beziehungsweise ob und, wenn ja, wie oft und in welchen Intervallen er wiederholt werden sollte. In beiden kooperierenden Schulen, dem Gymnasium Paulinum in Münster und dem Bischöflichen Pius-Gymnasium in Aachen, werden sämtliche Schülerinnen und Schüler der Klassen 6 und 9 im Rahmen des Biologienunterrichtes bis zum Abitur, das heißt über einen Zeitraum von drei beziehungsweise sechs Jahren, theoretisch und praktisch mit der Laienreanimation vertraut gemacht. Die jeweils vier Parallelklassen werden dabei unterschiedlich häufig ausgebildet, um am Ende zu sehen, bei welchem Modell die besten Ergebnisse erzielt werden.  

Die ärztliche Projektleitung vor Ort liegt in Münster bei Privatdozent Dr. Thomas Weber, Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin des UKM und ärztlicher Leiter der Berufsfeuerwehr Münster, sowie in Aachen bei Prof. Dr. Thomas Möllhoff, Leiter der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie des Marienhospitals Aachen. Die Durchführung der praktischen Ausbildung übernehmen in Münster Rettungssanitäter der Berufsfeuerwehr und Ärzte des UKM, während in Aachen Biologie- und Sportlehrer für diese Aufgabe geschult wurden. Große Unterstützung erfuhren die Projektleiter von der Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaften der Universität Bielefeld, die vor allem an der altersgerechten Gestaltung und Formulierung der zu Beginn und zum Ende der Kurse von den Schülern auszufüllenden Fragebögen maßgeblich beteiligt war.  

Ziel des Modellprojektes ist es, die Laienreanimation bei positiver Evaluation nach sechs Jahren für alle Schulen in den Lehrplan aufzunehmen. Damit künftig nicht ratlos dreingeschaut sondern beherzt zugepackt wird, wenn wieder einmal ein Mensch bewusstlos zu Boden sinkt - was übrigens laut Prof. Van Aken allein in einer Stadt wie Münster im Schnitt tagtäglich vier bis fünf Mal passiert.  

Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin