Pressemitteilung upm

Asthma als Preis für hoch entwickeltes Immunsystem

Weltweites Treffen von Epidemiologen in Münster

Münster (upm), 13. September 2007

Epidemiologie-Studie
Innes Asher und Ulrich Keil leiten die Studie. Foto: UKM

Mehr über die weltweite Verbreitung von Asthma und Allergien bei Kindern und Jugendlichen herauszufinden, war das Ziel einer Studie, die Prof. Dr. Ulrich Keil, Direktor des Instituts für Epidemiologie und Sozialmedizin am Universitätsklinikum Münster (UKM), zusammen mit dem mittlerweile verstorbenen Prof. Dr. Stephan Weiland im Jahre 1990 initiiert hat. Gemeinsam mit Kollegen aus London und Neuseeland hat er eine zweiteilige internationale Studie über Asthma und Allergien im Kindesalter ("International Study of Asthma and Allergies in Childhood", ISSAC) ins Leben gerufen. Über eine Million Kinder und Jugendliche sind zwischen 1995 und 2003 mittlerweile von Keil und seinen Kolleginnen und Kollegen weltweit untersucht worden. Das Datenzentrum für diese weltweite Studie wird von Prof. Innes Asher an der Universität von Auckland, Neuseeland, geleitet.  

Mittlerweile können die Forscher Schlüsse ziehen aus den Ergebnissen der weltweiten Studie. "Ein Ergebnis dieser Studie zeigt: Je mehr der westliche Lebensstil auf der Welt gelebt wird, desto häufiger leiden Kinder und Jugendliche an Asthma und Allergie", bilanziert Keil. Albanien war das europäische Land, in dem die Forscher die niedrigste Allergie-Rate fanden. In England dagegen wurden die Epidemiologen am häufigsten fündig. Keil war Studienleiter für Westeuropa, unter anderem hat er 8000 Kinder und Jugendliche von sechs bis sieben und von 13 bis 14 Jahren in Münster untersucht: Einmal im Jahre 1995 und einmal im Jahre 2000.  

Und so lassen sich auch für Deutschland Aussagen zu Allergie- und Asthmavorkommen machen: "In Ostdeutschland gab es weniger Allergien als in Westdeutschland", sagt Keil. Ein Grund: Dort haben Kinder mehr Geschwister, sind häufiger in Kitas untergebracht und kommen in Folge dessen häufiger mit Infektionskrankheiten in Kontakt. "Allergien sind der Preis für unser hoch entwickeltes Immunsystem", erläutert Keil. Das hat immer weniger zu tun, da wir immer steriler leben. Und so sucht sich das Immunsystem "falsche" Feinde, zum Beispiel Pollen.  

Seit 2005 liegen die Ergebnisse der ISAAC Studie den Forschern in ihrer Gesamtheit vor; als einen "Meilenstein" der weltweiten Zusammenarbeit unter den Epidemiologen bezeichnet Keil die Visualisierung des Auftretens von Allergien und Asthma auf einer Weltkarte. Da es sich um eine Langzeitstudie handelt, können die Forscher auch beobachten, wie Trends verlaufen. Einmal im Jahr treffen sich die Epidemiologen, um auf Basis der Studien immer wieder neue Fragen zu stellen und neue Erkenntnisse zu gewinnen. In diesem Jahr fand das Treffen in Münster statt.  

Eine Frage können die Epidemiologen jedoch noch nicht präzise beantworten: "Wir haben nur wenige Antworten darauf, wie wir Allergien oder Asthma verhindern können", sagt Keil. Denn den Bequemlichkeiten des so genannten westlichen Lebensstils haben auch die Epidemiologen nichts entgegenzusetzen. Dessen ungeachtet ist mit ISAAC zum ersten Mal das Asthma- und Allergievorkommen nicht nur visualisiert, sondern auch quantifiziert worden. "Um so eine Studie zu machen, braucht man einen langen Atem", betont Keil. Immerhin beschäftigen sich die Forscher nun seit 17 Jahren mit der Erhebung und Analyse dieser Daten. Allerdings wird ihre Ausdauer auch belohnt: Rund 1200 Mal ist allein der LANCET-Artikel von 1998 mit der Weltkarte von Asthma und Allergie in internationalen Veröffentlichungen zitiert worden. Und noch eine Ehrung konnten die Epidemiologen entgegennehmen: Mit der weltweit größten Teilnehmerzahl (rund eine Million Kinder und Jugendliche) ist ISAAC ins Guinnessbuch der Rekorde eingetragen.  

Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin