Pressemitteilung upm

Bunter als gedacht

Kleingärtner im Fokus münsterscher Wissenschaftler

Münster (upm), 18. Oktober 2007

Schrebergarten
Bei Migranten immer beliebter: der deutsche Schrebergarten Foto: npm

Deutschtümelei und Spießigkeit: Wer diese Begriffe bislang mit Kleingartenvereinen in Verbindung brachte, liegt falsch. Eine Studie des münsterschen Zentrums für Nonprofit-Management (npm) und dem Institut für Politikwissenschaft an der WWU Münster zeigt, dass Kleingärtner immer jünger, geselliger und vor allem immer bunter werden. Schrebergärten sind kein typisch deutsches Phänomen mehr, sondern auch für Migranten äußerst attraktiv.  

"Kleingärten sind Orte, in denen Bürgerengagement kräftig grünt und blüht", berichtet André Christian Wolf, Projektleiter der Studie. Insgesamt befragten die münsterschen Wissenschaftler im Frühjahr und Sommer 2007 die Vorstände von 40 Kleingartenvereinen und 45 Kleingärtner mit Migrationshintergrund. 1000 Menschen gärtnern in 54 münsterschen Anlagen. Dabei reicht ihr Engagement über Unkraut jäten und Blumen gießen weit hinaus: Sie übernehmen Gemeinschaftsaufgaben, vermitteln etwa Parzellen, führen Sanierungsmaßnahmen durch oder beraten Interessenten mit geringem Einkommen finanziell. Hochgerechnet auf alle Kleingärtnervereine in Münster leisten ehrenamtliche Mitglieder - über die so genannten Pflichtstunden hinaus - weit über 100.000 Arbeitsstunden. "Dies entspricht einem Vollzeitäquivalent von rund 60 Stellen, und das ist wirklich beachtlich", erklärt Wolf.  

Die Ergebnisse zeigen, dass Kleingärten bei Migranten in den letzten Jahren immer beliebter geworden sind: 17,9 Prozent von ihnen besitzen eine Laube. Insgesamt beträgt der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland 18,9 Prozent. In Kleingärten kommen sie mehrheitlich aus osteuropäischen Ländern wie der Ukraine, Kasachstan und Polen. Mittlerweile gärtnern in Münster aber auch Menschen aus Korea, Japan, Vietnam, Iran, Ghana oder Marokko. "Kleingärten sind Orte für gelebte Migration", kommentiert Nilgün Daglar vom npm dieses Ergebnis. Davon profitieren alle: Über den Gartenzaun hinweg werden Tipps ausgetauscht über verschiedene Traditionen beim Anpflanzen und Verarbeiten von Obst und Gemüse.  

Beliebt sind Kleingärten, deren Förderung sogar in der nordrhein-westfälischen Landesverfassung verankert ist, besonders bei jungen Menschen: Drei von vier Interessenten für eine Parzelle (76,9 Prozent) sind junge Familien mit Kindern. In der Regel bleiben Kleingärtner ihrer Laube sehr treu. Nur selten geben sie sie wieder auf. Die lange Verweildauer und große Zufriedenheit mit dem sozialen Zusammenhalt in Kleingartenanlagen zeigen, dass ihr Sozialgefüge sehr stabil ist. "Dies bietet die Chance , gerade hier mit Integrationsmaßnahmen für Migranten anzusetzen", so Jochen Köhnke, zuständiger Dezernent für die Integrationsarbeit der Stadt Münster, die die Studie aus Mitteln des Dezernates für die Koordinantion von Flüchtlingsfragen unterstützte.  

Das npm hat das Phänomen Kleingartenverein jedoch nicht nur wissenschaftlich untersucht, sondern Laubenbesitzern auch konkrete Empfehlungen mit auf den Weg gegeben. So rät die Studie zu Maßnahmen zur Gestaltung der Kleingartenanlagen, zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und zur Förderung von Integration. Wichtig sei es, neuen Mitgliedern mit Migrationshintergrund die Idee von Vereinen zu erläutern, da sie im Ausland oft ein unbekanntes Phänomen sind.  

 

Zentrum für Nonprofit-Management