Pressemitteilung upm

Doppelstrategie für mehr Lebensqualität

Tierphysiologen entwickeln neue Behandlungsmethoden gegen die Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose

Münster (upm), 07. November 2007

Mukoviszidose 300
Die münsterschen Tierphysiologen um Prof. Dr. Wolf-Michael Weber (hinten) nutzen für ihre Untersuchungen ein Laserkonfokalmikroskop, mit dem sie optische und elektrophysiologische Methoden kombinieren können. Foto: Grewer

Endlich frei atmen - ein Wunsch vieler Mukoviszidose-Patienten, denn sie leiden an Symptomen wie Atemnot und chronischem Husten, aber auch an einer gestörten Verdauung. Mit nur etwa 30 Jahren haben die Betroffenen eine deutlich herabgesetzte durchschnittliche Lebenserwartung. An der WWU Münster entwickeln Biologen unter der Leitung von Prof. Dr. Wolf-Michael Weber vom Institut für Tierphysiologie neue Behandlungsstrategien, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.  

Mukoviszidose führt unter anderem dazu, dass die Zellen, die unsere Lungen auskleiden, nicht mehr richtig arbeiten. Beim gesunden Menschen scheiden die Zellen Wasser in den Lungeninnenraum ab - es entsteht ein Schleim, der die Bronchien benetzt. "Dieser Schleim wird mitsamt Staub- und Schmutzpartikeln permanent von den Flimmerhärchen auf den Bronchien nach außen befördert und schließlich abgehustet oder unbemerkt geschluckt", erklärt Prof. Weber. Bei Mukoviszidose-Patienten funktioniert diese Selbstreinigung nicht, da der Wasserhaushalt der Drüsenzellen im Körper gestört ist. Bei ihnen ist der Schleim so zäh, dass er die Bronchien verstopft.  

Die gesunden Zellen besitzen Kanäle, die Wasser durch die Zellwand nach außen transportieren und andere, die Wasser in die Zelle aufnehmen. Bei gesunden Menschen entsteht so ein Gleichgewicht, und der Schleim in der Lunge hat genau die richtige Konsistenz. Ein gestörter Wassertransport aus der Zelle in den Lungeninnenraum ist die häufigste Ursache für Mukoviszidose: Wird zu wenig Wasser auf die Bronchienoberfläche transportiert, wird der Schleim in der Lunge zäh.  

Verantwortlich für die Störung ist ein Gendefekt. Kinder, die von beiden Eltern eine defekte Kopie des Gens erben, erkranken an Mukoviszidose. Trägt jemand nur eine schadhafte Kopie, erkrankt er nicht selbst, kann das defekte Gen aber an seine Nachkommen weitergeben. "Mukoviszidose ist innerhalb der weißen Bevölkerung die häufigste Erbkrankheit", so Prof. Weber. In Deutschland leiden rund 8000 Menschen an der Erkrankung.  

Die Forscher verfolgen zwei Strategien, um den zähen Schleim zu verflüssigen. Zum einen wollen sie mit einer neuen Behandlungsmethode die Funktion des defekten Kanals wiederherstellen, der die Bronchien befeuchtet. Darüber hinaus verhindern sie, dass in den Zellen ein anderer Kanal zusammengebaut wird, der als Gegenspieler des "Befeuchters" arbeitet. "Dieser zweite Kanal führt Wasser aus den Bronchien ab. Bei Mukoviszidose-Patienten führt das dazu, dass der ohnehin schon zähe Schleim noch zäher wird", erklärt Prof. Weber.  

Um den Wassertransport in Richtung Lunge wieder herzustellen, wollen die Forscher gesunde Kopien der defekten Erbinformation (bestimmte "mRNA"-Moleküle) in die Zellen einschleusen. "Mit diesen gesunden Kopien können die Zellen wieder funktionsfähige Kanäle aufbauen.", erklärt Prof. Weber. Die Forscher führen das Projekt gemeinsam mit Kollegen der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Berliner Charité und des Fraunhofer-Institut in Potsdam durch. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert die Arbeit mit insgesamt 1,5 Millionen Euro.  

Die zweite Strategie der münsterschen Forscher dreht sich um die Kanäle, die dem Schleim Wasser entziehen. Die Wissenschaftler verhindern mit einer neuen Methode, dass dieser Kanaltyp in den Zellen aufgebaut wird. Demnächst wollen sie in Kooperation mit Kollegen des Universitätsklinikums Giessen und Marburg testen, ob das Verfahren, das in Zellkultur erprobt wurde, auch im menschlichen Organismus wirkt. Unterstützt wird das Projekt von der Deutschen Förderungsgesellschaft zur Mukoviszidoseforschung (Rhede).  

Prof. Weber will die Mukoviszidoseforschung gemeinsam mit Kollegen aus der Medizin intensivieren: Zusammen mit Privatdozentin Dr. Barbara Kahl vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Prof. Dr. Peter Prehm vom Institut für Physiologische Chemie und Pathobiochemie will er an der WWU ein interdisziplinäres Mukoviszidose-Netzwerk gründen - damit die Patienten eines Tages frei atmen können.  

Deutsche Förderungsgesellschaft zur Mukoviszidoseforschung