Pressemitteilung upm

Schreiben als Überlebensmittel

Ausstellung "Transit Amsterdam" im Haus der Niederlande eröffnet

Münster (upm), 09. November 2007

Transit Amsterdam
Transit Amsterdam: Deutsche Künstler und Literaten suchten während des Nationalsozialismus Zuflucht im Amsterdamer Exil. Foto: Oscar van Alphen

Lautes Fliegerbrummen weckt im Morgengrauen des 10. Mai 1940 die Bevölkerung in Amsterdam. In fünf Tagen Blitzkrieg unterwerfen die Nationalsozialisten ihr westliches Nachbarland. Während andere die holländische Metropole längst verlassen haben, kommt der Angriff für emigrierte Schriftsteller und Künstler wie Wolfgang Cordan oder Grete Weil unerwartet. Eine Flucht ist nicht mehr möglich. Die Ausstellung "Transit Amsterdam. Deutsche Künstler im Exil 1933 bis 1945" im Haus der Niederlande, Alter Steinweg 6/7, zeigt bis zum 13. Januar 2008, wie deutsche Autoren und Künstler nach 1933 in die Niederlande flüchteten und in Amsterdam lebten. Sie ist wochentags von 12 bis 18 Uhr und am Wochenende von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.  

"Amsterdam war ein Fluchtort der Intellektuellen in Europa", erklärt Dr. Loek Geeraedts, Geschäftsführer des Zentrums für Niederlande-Studien, die Bedeutung der niederländischen Großstadt. Der Maler Max Beckmann sucht hier während des Nationalsozialismus ebenso Zuflucht wie der Verleger Fritz H. Landshoff, der im Querido-Verlag eine eigene Abteilung für deutsche Autoren aufbaut. Klaus Mann gibt von 1933 bis 1935 in Amsterdam die Exil-Zeitschrift "Die Sammlung" heraus und veröffentlicht in den darauf folgenden Jahren Romane wie "Flucht in den Norden" und "Der Vulkan". 1938 reist er seinen Eltern und Schwester Erika nach in die USA.  

Doch anders als sie schaffen es viele verfolgte deutsche Künstler nicht, nach der Blitzbesetzung 1940 aus den Niederlanden zu flüchten. Zeitdokumente, etwa eine Tafel mit Verhaltensanweisungen, vermitteln in der Ausstellung, wie die Verfolgten nach 1940 in Amsterdam leben: "Bei Klingel ruhig nach hinten gehen, alle Zwischentüren ruhig schließen, stets in den Schrank einsteigen". Schriftsteller wie Wolfgang Cordan und Hans Keilson gehören zu ihnen. Die jüdische Literatin Grete Weil arbeitet im Jüdischen Rat und flüchtet 1943 vor der drohenden Deportation in den Untergrund.  

15 Vitrinen bieten im Haus der Niederlande sehr persönliche Einblicke in unterschiedliche Situationen des Exils. Unveröffentlichte Briefe, Tagebücher, Fotos: Literarische Nachlässe aus Privatsammlungen und dem Literaturarchiv der Münchner Stadtbibliothek "Monacensia" zeichnen Lebensbedingungen und Lebensläufe der nach Amsterdam geflüchteten Künstler nach - und verweisen auf gegenwärtige Transit-Erfahrungen von Flüchtlingen: "Die vergilbten Dokumente sind Spiegel der heutigen Migranten", so Kurator Prof. Dr. Wilfried F. Schoeller.  

 

Haus der Niederlande