Pressemitteilung upm

Ein Geschoss aus Staub

Physiker stellen im Experiment die Entstehung von Planeten nach

Münster (upm), 20. März 2008

Wurm
Ist in der Vakuumkammer alles in Ordnung? Dr. Wurm überprüft den Versuchsaufbau für das "Tell-Experiment". Foto: Peter Grewer

Wenn münstersche Physiker zur Armbrust greifen, hat das keine sportlichen Gründe und ist auch keine Kriegserklärung. Das Forscherteam um Dr. Gerhard Wurm vom Institut für Planetologie der Universität Münster untersucht die Entstehung von Planeten. Dazu lassen die Forscher Staubteilchen aufeinander prallen, die mit unterschiedlichen Methoden beschleunigt werden - unter anderem mit einer Armbrust, die Teilchen bis zu 100 Meter pro Sekunde schnell werden lässt.  

Planeten entstehen, wenn Teilchen zusammenprallen und aneinander haften bleiben, so die Annahme der Forscher. Am Anfang sind es einzelne Staubkörner, später Staubklumpen unterschiedlicher Größe, die zusammenstoßen. "Wir verstehen prinzipiell, wie man aus ganz kleinen Teilchen etwas größeres macht", so Dr. Wurm. Jedoch stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen die Staubteilchen zu größeren Gebilden "zusammenkleben" - unter welchen Umständen also die Planetenentstehung im Weltraum funktioniert. Um diese Frage zu beantworten, führen die Forscher eine Reihe von Versuchen durch.  

Ein Experiment ist der "Leuchtturm-Versuch": Der rot-weiß geringelte "Leuchtturm", wie ihn die Wissenschaftler nennen, fällt im Labor der Staubforscher sofort auf. Im Innern des knapp vier Meter hohen Turms, in dem wie im Weltraum Vakuum herrscht, fallen Staubkörner von der Spitze nach unten auf den Boden. Dort treffen sie mit einer Geschwindigkeit von etwa sechs bis sieben Metern pro Sekunde auf andere Staubpartikel.  

Durch den Aufprall entstehen Staub-Aggregate. "Die einzelnen Staubteilchen haben einen Durchmesser von etwa 50 millionstel Metern. Wir hoffen, Aggregate von etwa zehn Zentimetern Durchmesser herstellen zu können", so Dr. Wurm. Der auffällige Anstrich des Turms, dem das Experiment seinen Namen verdankt, hat keinen wissenschaftlichen Hintergrund - "etwas Spaß bei der Arbeit muss sein", erklärt Dr. Wurm augenzwinkernd.  

In einem Windkanal simulieren die Planetologen die Gasströmung innerhalb der Entstehungsorte von Planeten, den protoplanetaren Scheiben. Wenn kleine Staub-Aggregate mit hoher Geschwindigkeit auf große treffen, werden sie durch die Wucht des Aufpralls zerlegt. "Unter windigen Bedingungen kann dennoch ein Wachstum stattfinden. Die Strömung sorgt dafür, dass die Bruchstücke wieder auf das große Staub-Aggregat gedrückt werden - und dann haften bleiben", erklärt Dr. Wurm.  

Zur Armbrust greifen die Forscher beim "Tell-Experiment" - benannt nach dem legendären Schützen Wilhelm Tell. Die Forscher nutzen die Energie, die beim Abschuss frei wird, um Staubklumpen zu beschleunigen: Sie schießen kleine "Projektile" aus Staub in einer Vakuumkammer auf einen größeren Staubklumpen, der als Zielscheibe dient und untersuchen, ob ein Wachstum des Staub-Aggregats stattfindet. "Die Durchschlagskraft der Armbrust haben wir getestet und auf ein dickes Telefonbuch in einigen Metern Entfernung geschossen", veranschaulicht Dr. Wurm, mit welcher Energie die Beschleunigung erzeugt wird. "Der Pfeil hat das Buch durchschlagen."  

Arbeitsgruppe Dr. Wurm