Pressemitteilung upm

Mord auf dem Domplatz

Ältester Stadtplan Münsters mit kriminalistischen Hinweisen

Münster (upm), 25. April 2008

Stadtplan
Der vermutlich älteste Stadtplan von Münster liefert auch Hinweise auf einen Mord auf dem Domplatz Foto: IStG

Der älteste Stadtplan Münsters wurde vor einigen Wochen im Stadtarchiv von Bad Homburg gefunden. Städtehistoriker an der WWU haben auf dem Plan vom Beginn des 17. Jahrhunderts jetzt auch Hinweise auf einen spektakulären Mordfall aus dem Jahr 1607 entdeckt. In den nächsten sechs Wochen wird der Plan im Stadtmuseum Münster ausgestellt.  

Auf der diesjährigen Frühjahrstagung des Instituts für vergleichende Städtegeschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Anfang März in Münster gab es eine unerwartete Sensation: Dr. Holger Th. Gräf, Mitarbeiter des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde in Marburg, stellte einen Quellenfund vor, den er im Stadtarchiv von Bad Homburg gemacht hatte. Bei einem Besuch wurden ihm verschiedene historische Stadtansichten präsentiert. Als langjähriges Mitglied des Kuratoriums für vergleichende Städtegeschichte und regelmäßiger Teilnehmer der städtegeschichtlichen Tagungen in Münster erkannte Gräf auf einem der Pläne eine bislang nicht bekannte Perspektivansicht des münsterschen Dombezirks aus östlicher Richtung.  

Die 38 x 84 cm große lavierte Federzeichnung mit dem Domplatz im Zentrum zeigt den Prinzipalmarkt und die angrenzenden Straßen in überraschendem Detailreichtum. Präzise wiedergegeben sind beispielsweise das Michaelistor am Eingang zur Domimmunität und die Jakobikirche auf dem Domplatz, die im 18. bzw. 19. Jahrhundert abgebrochen wurden. Ganz außergewöhnlich ist zudem die Darstellung von Staffagefiguren, die unter anderem. in ein Kampfgeschehen verwickelt sind. Wann genau die Zeichnung entstanden ist, ist noch ungeklärt. Die bisherigen Forschungen deuten darauf hin, dass der Plan aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts datiert, wahrscheinlich aus den Jahren zwischen 1607 und 1615, und damit älter ist als der berühmte Alerdinck Plan von 1636, der bislang als ältester Plan der Stadt Münster galt. Möglicherweise ist der Plan ursprünglich sogar am Ende des 16. Jahrhunderts, aber nach 1571 entstanden und zwischen 1607 und 1615 um einige zeitgenössische Details ergänzt worden.  

Für Prof. Dr. Werner Freitag vom Institut für vergleichende Städtegeschichte sind verschiedene Beschriftungen und Staffagefiguren auf dem Domplatz deutliche Hinweise, dass der Plan im Zusammenhang mit einem weit über Münster hinaus berühmten Mordfall zu sehen ist: Am 17. Juli 1607 erstach Diethrich von Galen, Vater des späteren Bischofs Christoph Bernhard von Galen, auf dem münsterschen Domplatz den Erbmarschall Gerhard Morrien zu Nordkirchen. Der Fall, hinter dem ein Streit der Familien Galen und Morrien um Grundstücksgrenzen und Jagdrechte im südlichen Münsterland stand, zog Kreise und landete schließlich auf Betreiben der Witwe Morrien vor dem obersten Gericht des Reiches, dem Reichskammergericht in Speyer. Die Historiker vermuten, dass der Plan in Verbindung mit diesem äußerst langwierigen Prozess stand und aus dem Archiv des Reichskammergerichts schließlich durch einen Nachlass im Stadtarchiv Bad Homburg landete.  

Im Rahmen seines Freitagskolloquiums zu Problemen vergleichender Städtegeschichte stellte das Institut am 25. April 2008 das Original aus Bad Homburg der münsterschen Öffentlichkeit vor. Dr. Astrid Krüger, Stadtarchiv Bad Homburg, und Dr. Holger Th. Gräf, Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde Marburg, referierten zur Herkunft des Plans und stellten die Gattung vor. Dr. Frank Dierkes, Münster, berichtete über den Streitfall von Galen/Morrien und beleuchtete die historischen Hintergründe. Dr. Mechthild Siekmann, Münster, ging der Frage nach, welche topographischen Informationen zum münsterschen Stadtbild der Plan beinhaltet. Auf Einladung des Instituts für vergleichende Städtegeschichte diskutierten im Anschluss ausgewiesene Kenner der münsterschen Geschichte den Plan. Die Ergebnisse werden in eine vom Institut für vergleichende Städtegeschichte herausgegebene Publikation einfließen, die ein Faksimile des Plans und einen umfangreichen Kommentarteil enthalten wird.  

Auf Vermittlung des Instituts wird das Original im Anschluss an das Kolloquium ab Anfang Mai für sechs Wochen im Stadtmuseum Münster gezeigt und damit auch der breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Anschließend wandert der Plan wieder zurück in das Stadtarchiv Homburg.  

 

Institut für vergleichende Städtegeschichte