Pressemitteilung upm

"Lasst sie doch denken!"

Ausstellung und Buch zu 100 Jahre Frauenstudium in Münster

Münster (upm), 17. Oktober 2008

Frauen
Zehn Jahre nach Beginn des Frauenstudiums blieben die Studentinnen noch weit gehend unter sich.

Etwas mehr als eine Handvoll, ganze sechs Frauen nahmen im Wintersemester 1908 ein reguläres Studium an der Westfälischen Wilhelms-Universität auf. Und das, obwohl Bildung für Frauen in der damaligen Zeit als äußerst unschicklich galt. Der Arzt Paul Julius Möbius brachte es auf den Punkt: "Übermäßige Gehirntätigkeit macht die Frau nicht nur verkehrt, sondern auch krank. Je besser die Schulen werden, umso schlechter werden die Wochenbetten, umso geringer wird die Milchabsonderung, kurz, umso untauglicher werden die Weiber!" Heutige Studierende beiderlei Geschlechtes können sich die Zeiten, da Frauen sich das Recht auf Bildung erkämpfen mussten, kaum noch vorstellen. Auch deshalb haben das Universitätsarchiv und die Kontaktstelle des Studiums im Alter der WWU gemeinsam mit dem Fachbereich Design der Fachhochschule die Ausstellung "Lasst sie doch denken!" konzipiert, die ab dem 19. Oktober im Stadtmuseum zu sehen sein wird. In der neuen Schriftenreihe des Archivs ist darüber hinaus ein Begleitband erschienen.  

Nur sechs Jahre, nachdem die preußische Regierung das Frauenstudium erlaubt hatte, waren sechs Prozent aller Studierenden Frauen. Die meisten von ihnen waren deutlich älter als ihre männnlichen Kommilitonen, weil sie nur auf Umwegen die Hochschulreife erwerben konnten. Und sie kamen noch häufiger als diese aus dem Groß- und Bildungsbürgertum, weil man es sich nur dort erlauben konnte, auch den Töchtern eine fundierte Ausbildung zu zahlen. Die meisten von ihnen schrieben sich für ein Lehramts- und Medizinstudium ein - letzteres wurde in Münster allerdings erst ab 1925 angeboten.  

Nach dem ersten Weltkrieg wurde es Frauen nicht nur erlaubt, sich zu habilitieren. Endlich konnten sie auch Richterin oder Staatsanwältin werden, so dass der Weg offen war für ganz neue Berufsbilder. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten änderte sich die Situation allerdings wieder: Das "Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen", dessen eigentliche Stoßrichtung die Juden waren, legte auch fest, dass der Frauenanteil an den Universitäten zehn Prozent nicht überschreiten dürfe, 1935 wurde die Zulassungsbeschränkung wieder aufgehoben. Ein Akademikermangel begann sich abzuzeichnen, so dass die Nationalsozialisten ihre Frauen- und Bildungspolitik anpassten. Mit Beginn des zweiten Weltkrieges nahm die Zahl der Studentinnen rasant zu.  

In der Adenauer-Ära änderte sich wieder die Wahrnehmung der Frau im gesellschaftlichen Bewusstsein. Ihre "natürliche Rolle" war die der Mutter, ein Studium nicht notwendig, da sie ja eh heiraten würde. Eine Studentin, so die damalige Auffassung, nahm nur den Männern den Studienplatz weg. Allerdings lag in Münster der Anteil der Studentinnen weit höher als der Bundesdurchschnitt. 1945 hatte auch die Katholisch-Theologische Fakultät ihre Pforten für Frauen geöffnet, 1953 habilitierte sich die erste Frau in Münster.  

In den späten 1960ern begannen auch die Frauen, für ihre Rechte zu kämpfen - häufig, ohne dass ihnen ihre Vorgängerinnen vom Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt waren. Mitte der 1980er Jahre wurde die Frauenförderung institutionalisiert. Und 1990 wurde mit der Psychologin Prof. Maria Wasna erstmals eine Frau zur Rektorin einer deutschen Universität gewählt. Schon ein Jahr zuvor waren zum ersten Mal mehr Frauen als Männer an der WWU immatrikuliert, Heute sind es gut 53 Prozent. Doch bei den Promovierenden und den Professoren sind Frauen noch immer deutlich unterrepräsentiert.  

Neben einem chronologischen Überblick setzt die Ausstellung thematische Schwerpunkte. Die soziale Situation der Studentinnen und Wissenschaftlerinnen wird genauso präsentiert wie deren politische Aktivitäten, ihre Berufswege inner- und außerhalb der Universität oder die ersten Studentinneverbindungen. Persönliche Dokumente und Fotos, aber auch zeitgenössische Satiren, zeichnen ein lebensnahes Bild dieser 100 bewegten Jahre und gewähren auch einen Block hinter die Fassaden der studierenden und studierten Frauen.  

Ausstellung: 21. Oktober 2008-18. Januar 2009, dienstags bis freitags 10-18 Uhr, samstags, sonn- und feiertags 11-18 Uhr, montags geschlossen. Der Eintritt ist frei.  

Buch: "Lasst sie doch denken!" 100 Jahre Studium für Frauen in Münster, Hrsg.: Sabine Happ und Veronika Jüttemann, Verlag Aschendorff, 19,90 Euro  

Stadtmuseum