Münster (upm), 10. Dezember 2008
Nach drei Jahren intensiver Forschungsarbeit ist das europäische
Forschungsprojekt „NanoBioSaccharides", an dem Wissenschaftler aus sieben
Ländern beteiligt waren und das von der Universität Münster aus koordiniert
wurde, erfolgreich zu Ende gegangen. Ziel des Projekts war es, aus
Krabbenschalen gewonnenes Chitin mit Hilfe von chemischen und biologischen
Methoden in Chitosan zu verwandeln, das vor allem für medizinische Anwendungen
eingesetzt wird. Chitosan gilt beinahe als ein „Wundermittel", mit dem man zum
Beispiel Pflanzen vor Krankheiten schützen kann oder aus dem Wundverbände hergestellt
werden, unter denen selbst großflächige und schwierige Wunden ohne Narben
verheilen können. Die Europäische Kommission hatte insgesamt rund 2,5 Millionen
Euro für das Projekt zur Verfügung gestellt.
„Leider funktioniert die Wundheilung durch Chitosan nicht
immer", sagt Projektleiter Prof. Dr. Bruno Moerschbacher vom Institut für
Biochemie und Biotechnologie der Pflanzen der WWU. Diese mangelnde
Zuverlässigkeit verhindert bisher den Einsatz von Chitosan für entsprechende
Zwecke. „Das ist auch deswegen schade, weil Chitosan als natürliche Substanz,
die in großen Mengen aus einem Abfallstoff gewonnen werden kann, geradezu einen
idealen Rohstoff darstellt." Forscher um Prof. Moerschbacher wollen das
Chitosan und seine Wechselwirkungen mit menschlichen Zellen und Geweben daher auf
molekularer Ebene verstehen. Dieses Wissen soll in Zukunft dazu genutzt werden,
um „Designer-Chitosane" herzustellen, die eine genau bekannte und zuverlässig
vorhersagbare Wirkung im menschlichen Körper entfalten.
In dem EU-Projekt haben die Forscher zum Beispiel
untersucht, warum Chitosan, wenn man es in Wasser löst, spontan Nanopartikel
formt, und wie diese von bestimmten Körperzellen aufgenommen werden. Dieses
Wissen haben sie genutzt, um die Chitosan-Nanopartikel als Transportmittel zu
verwenden, mit deren Hilfe beispielsweise Insulin direkt über die
Nasenschleimhaut aufgenommen werden und wirken kann, ohne dass es mit einer
Spritze injiziert werden muss. Ebenso haben sie untersucht, welche Enzyme in
menschlichem Gewebe in der Lage sind, Chitosan abzubauen, und welche Wirkungen
auf die Wundheilung die dabei entstehenden Bruchstücke haben. „Bei Säuglingen
wurde mehrfach das ‚Wunder\' beobachtet, dass sie mit großflächigen, eigentlich
tödlichen Verbrennungen dritten Grades unter Chitosanverbänden nicht nur
überlebten, sondern dass wieder eine vollständig neue und narbenfreie Haut nachwuchs",
so Prof. Moerschbacher. „Dank unserer neuen Erkenntnisse gelingt es künftig
vielleicht, ein zuverlässig wirksames Produkt gegen Verbrennungen zu
entwickeln, das man einfach in der Apotheke kaufen kann." Daher waren auch
Firmen, die solche Anwendungen entwickeln können, von Anfang an Partner im
Projekt, von Chitosan-Herstellern bis zu kleinen und großen Firmen aus der
Pharmazie- und Lebensmittelbranche.
Zum Abschluss des Projekts, an dem Biologen, Chemiker und
Mediziner aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Dänemark, Italien, Thailand und
Indien beteiligt waren, haben sich die Wissenschaftler zu einer zweitägigen
Konferenz in Hyderabad (Indien) getroffen. Dort arbeitet einer der
internationalen Partner daran, aus Chitosan ein zuverlässig wirksames
Pflanzenschutzmittel herzustellen. Mehr als 600 Tagungsteilnehmer - vom
Studenten zum Professor - diskutierten
und entwickelten neue Ideen. „Diese Ideen werden vielleicht schon bald im
ersten deutsch-indischen Graduiertenkolleg der Universitäten Münster und
Hyderabad, das kürzlich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft bewilligt
wurde, umgesetzt", so Moerschbacher. "Denn noch sind nicht alle Wunder des
Chitosans enträtselt."