Pressemitteilung upm

Von Mumbai nach Münster

Indische Professorin forscht und lehrt für ein Jahr am Englischen Seminar der WWU

Münster (upm), 06. März 2009

Für ein Jahr zu Gast am Englischen Seminar der WWU: Prof. Dr. Nilufer Bharucha aus Mumbai
Für ein Jahr zu Gast am Englischen Seminar der WWU: Prof. Dr. Nilufer Bharucha aus Mumbai Foto: WWU - Grewer

Aus der Perspektive von Prof. Dr. Nilufer Bharucha ist Münster eine kleine, friedliche Stadt. Selbst das Geschiebe während der Weihnachtsmärkte war für die indische Gastprofessorin, die derzeit am Englischen Seminar der WWU forscht und lehrt, kein Stress. Im Gegenteil: Es hat sie an zu Hause erinnert - an Mumbai, wo Lärm und Gedränge zum Stadtbild gehören.

Prof. Bharucha hat an der WWU eine Gastprofessur inne, die vom DAAD (Deutscher Akademischer Austausch Dienst) im Rahmen des Sonderprogramms "A new passage to India" gefördert wird. Für insgesamt ein Jahr hat die Spezialistin für englischsprachige indische Literatur ihren Wohnsitz nach Münster verlegt, um sich am Lehrstuhl von Prof. Dr. Klaus Stierstorfer ihrer Forschung zu widmen.

„Englisch ist vielen Indern vertrauter als jede der vielen indischen Sprachen. Mittlerweile gilt indisches Englisch als eigene Sprachvariante, ähnlich wie britisches oder amerikanisches Englisch", erklärt Prof. Bharucha, weshalb viele indische Schriftsteller ihre Texte in englischer Sprache verfassen. Die englischsprachige indische Literatur wird auch in der Öffentlichkeit immer deutlicher wahrgenommen und hat viele prominente Schriftsteller wie Salman Rushdie oder Arundhati Roy („Der Gott der kleinen Dinge") hervorgebracht.

In Münster beteiligt sich Prof. Bharucha am „Fundamentalismus-Projekt" von Prof. Stierstorfer, das sich mit den verschiedenen Erscheinungsformen von Fundamentalismus in Geschichte und Gegenwart beschäftigt und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Verbindung zwischen Fundamentalismus und Literatur legt. „Ich frage mich: Wie behandeln Schriftsteller das Thema Fundamentalismus? Und was passiert, wenn sie sich in ihren Texten gegen den Fundamentalismus wenden?", sagt Prof. Bharucha. Prof. Stierstorfer ergänzt: „Literatur, die ja häufig eine Vielfalt von Ansichten offenbart und sich selten religiös orthodox verhält, wird von Fundamentalisten oft als Feindbild gesehen." Ein prominentes Beispiel ist die Verfolgung Salman Rushdies nach Erscheinen seines Romans „Die satanischen Verse" im Jahr 1988. Der iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini rief damals zur Tötung Rushdies auf.

Fundamentalismus ist aber nicht das einzige Thema, dem sich Prof. Bharucha widmet und das sie auch münsterschen Studierenden nahebringt. Sie leitet mehrere Seminare an der WWU und nimmt dabei verschiedene Genres unter die Lupe - unter anderem auch den indischen Film. „Bollywood, das ‚indische Hollywood', produziert Kinofilme, die viele Menschen auf der Welt ansprechen, kulturübergreifend. Durch die bunten Bilder wollen die Zuschauer Indien kennenlernen", so Prof. Bharucha.

Indien kennenlernen sollen münstersche Studierende künftig nicht allein durch Kurse in Münster: Der Austausch zwischen dem Englischen Seminar und seinem Pendant in Mumbai soll intensiviert werden. Vor dem Hintergrund einer Kooperationsvereinbarung zwischen der WWU und der Universität Mumbai, derzufolge die beide Universitäten ihre Zusammenarbeit fachübergreifend verstärken wollen, soll noch im Jahr 2009 ein regelmäßiger Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern beginnen. „Hier treffen Gruppen zusammen, die sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit den gleichen literarischen Themen beschäftigen - auf der einen Seite gibt es die europäische Sicht, auf der anderen die postkoloniale indische. Beide Seiten werden voneinander lernen", so Prof. Bharucha.

Münster gefällt Prof. Bharucha, die seit Oktober 2008 hier ist und unter anderem bereits in England, den USA, Kanada sowie in Köln gearbeitet hat, sehr gut. Einen Wermutstropfen gesteht sie allerdings augenzwinkernd ein: „Vorher haben alle gesagt, hier schneit es im Winter nicht, und nun gab es doch einen eisigen Winter mit viel Schnee."

Englisches Seminar/Stierstorfer