Pressemitteilung upm

Rückenschmerzen auf der Spur

Veränderungen im Nervensystem und Rückenschmerzen hängen oft zusammen

Münster (upm), 03. März 2009

Bewegungswissenschaftler Prof. Dr. Heiko Wagner
Bewegungswissenschaftler Prof. Dr. Heiko Wagner Foto: WWU/upm

Jeder fünfte Erwachsene in Deutschland leidet mindestens einmal im Jahr unter Rückenschmerzen. Neue Diagnosemöglichkeiten von chronischem Rückenschmerz erforscht der Bewegungswissenschaftler Prof. Dr. Heiko Wagner am Institut für Sportwissenschaft der Universität Münster.

Grundsätzlich können Rückenschmerzen in die Kategorien „Ursache klassifizierbar" und „Ursache nicht klassifizierbar" unterteilt werden. Die auf den Nerv drückende Bandscheibe gehört zu den 15 Prozent Rückenschmerzen, deren Ursache relativ leicht festgestellt werden kann. Der "chronisch unspezifische Rückenschmerz" (CURS) macht die anderen 85 Prozent aus. „Den chronischen Rückenschmerz erst gar nicht entstehen zu lassen, das ist zentrales Ziel unserer Forschung. Dazu werden die vielfältigen Ursachen und ihre Wechselwirkungen analysiert", sagt Prof. Wagner.


Am Institut für Sportwissenschaft in Münster wird der Zusammenhang von motorischer Kontrolle und Stabilität der Wirbelsäule untersucht. Die bisherigen Arbeiten bestätigen die Annahme, dass bei Menschen mit CURS häufig auch eine Veränderung des Nervensystems zugrunde liegt.

Häufig leiden ganze Berufsbranchen unter chronisch unspezifischen Rückenschmerzen. So sind nicht selten Kellner betroffen, deren linker Arm beim Tragen der Teller einseitigen Belastungen ausgesetzt und als Folge ihr Rückenapparat einseitig ausgebildet wird. Neben der gesundheitlichen Belastung gibt es auch einen finanziellen Aspekt, da eine mögliche Frühverrentung von der „Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN)" bezahlt wird, die auch das Projekt an der Universität Münster fördert.

Im Rahmen der Versuche werden Reiz-Reaktions-Schemata erforscht. Die Forscher überprüfen, wie der Reiz nach Eintreffen auf der Haut übermittelt und durch ein koordiniertes Zusammenspiel vieler Muskeln in eine Reaktion umgewandelt wird. Da der Reiz als elektronischer Impuls durch das Nervensystem geleitet wird, kann der Vorgang mit Hilfe von Elektroden gemessen werden. Probanden erhielten an über 40 Muskeln Elektroden aufgesetzt, und die Messungen ergaben, dass bei Personen mit CURS die Zeit vom Eintreffen des Reizes bis zur Reaktion häufig länger ist als bei Personen ohne chronischen Rückenschmerz.

Die Annahme einer Veränderung bei der Übertragung im Nervensystem von CURS-Patienten hat sich auch in einer Kooperation mit Prof. Dr. Markus Lappe vom Psychologischen Institut der Universität Münster bestätigt. Um die Verarbeitung von Reizen, die auf das Auge treffen, zu untersuchen, sind Versuchspersonen mit und ohne CURS Videos vorgespielt worden, auf denen Personen Gewichte heben. "Im Durchschnitt konnten CURS-Patienten weitaus schlechter Bewegungen erkennen und das gehobene Gewicht einschätzen. Unsere These, dass bei der Reizübertragung im Nervensystem und der Verarbeitung der Schlüssel zu dem Problem liegt, hat sich bestätigt", sagt Prof. Wagner.

Institut für Sportwissenschaft der WWU Münster