Pressemitteilung upm

Unterschiede beim kreativen Denken

Psychologische Tests offenbaren Unterschiede abhängig von Geschlecht, Alter und Schulform

Münster (upm), 27. März 2009

Jörg-Tobias Kuhn
Jörg-Tobias Kuhn Foto: WWU - Stahmann

Aus vier Zahlen in begrenzter Zeit so viele verschiedene Telefonnummern wie möglich zu bilden, ist gar nicht so einfach. Je nachdem, wie viele Lösungen und wie viele unterschiedliche Lösungsansätze gefunden werden, können Rückschlüsse auf das numerische divergente Denken - die „Zahlenkreativität" - der befragten Person gezogen werden.

„Divergentes Denken ist die persönliche Fähigkeit, mithilfe von Kreativität viele verschiedene Lösungen für ein Problem zu finden", sagt Jörg-Tobias Kuhn vom psychologischen Institut IV der Universität Münster. Numerisches Denken ist eine von drei Formen, divergent zu denken. Daneben gibt es bildliches Denken, das auch als figurales Denken bezeichnet wird, und verbales Denken, bei dem der Umgang mit Worten eine wichtige Rolle spielt. Kuhn hat Unterschiede beim divergenten Denken abhängig von Geschlecht, Alter und Schulform gefunden.

Unterschiedliche Gruppen von Versuchspersonen reagieren unterschiedlich auf Tests. So könnten Mädchen und Jungen bei gleicher Fähigkeit zu divergentem Denken unterschiedliche Testergenisse erzielen, da sie auf Fragestellungen geschlechtsspezifisch reagieren. „Bei den bisherigen psychologischen Untersuchungen zu divergentem Denken konnten ungenaue Messergebnisse häufig nicht ausgeschlossen werden. Ein Schwerpunkt unserer Untersuchung ist daher die Arbeit mit einer großen Stichprobe. Diese macht es möglich, durch Berechnung der Messinvarianz - welche die Gleichwertigkeit der Frage für beide Geschlechter anzeigt - diese Fehler auszuschließen", sagt Kuhn.

Jörg-Tobias Kuhn fand bei der Auswertung von Tests zu divergentem Denken heraus, dass Mädchen generell ein wenig besser abschneiden. Besonders bei Aufgaben, die figurales Denken erfordern, waren sie erfolgreicher. „Ist zum Beispiel ein Kreis vorgegeben, wird verlangt, diesen zu vielen unterschiedlichen Motiven wie einem Gesicht, einem Wecker oder einem Apfel weiterzuentwickeln, und Mädchen fällt dies ein Stück leichter", sagt der Doktorand.

Wenig untersucht wurde bisher der Aspekt der zeitlichen Entwicklung der Fähigkeiten und Unterschiede bei einzelnen Schultypen. Kuhn fand nun heraus, dass bei älteren Jugendlichen eine Weiterentwicklung von verbalen und figuralen Fähigkeiten bemerkbar sei, bei numerischen Fähigkeiten aber kaum eine Verbesserung stattfinde. Auch sei bei der „Zahlenkreativität" der geringste Unterschied zwischen den verschiedenen getesteten Schulformen - Haupt- und Realschule sowie Gymnasium und Hochbegabtengymnasium - feststellbar, der bei verbalen und figuralen Fähigkeiten deutlicher sei.

Institut für Psychologie der Universität Münster