Preisträgerin Anne Kruse (2. von rechts) mit Dekan Prof. Dr. Alfons Fürst, Stifterin Prof. Maria Kassel und Prof. Dr. Marie-Theres Wacker (v.r.n.l.) Foto: upm/Grewer
Münster (upm), 26. Juni 2009
Anne Kruse, Diplomtheologin und Krankenhausseelsorgerin in Kamenz (Sachsen), ist für eine tiefenpsychologische Auslegung der biblischen Sintfluterzählung mit dem Maria-Kassel-Preis für die Jahre 2008 und 2009 ausgezeichnet worden. Sie erhielt den mit 1.000 Euro dotierten Preis am Freitag, 26. Juni 2009, in einer Feierstunde in der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster.
Der Preis für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler im Bereich tiefenpsychologischer Theologie wurde gestiftet von Prof. Maria Kassel, die von 1964 bis 1992 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU den Forschungsschwerpunkt "Tiefenpsychologisch-feministische Bibelexegese und deren Vermittlung in der Praxis" aufgebaut hat. Der nach ihr benannte Preis wird seit 2003 von der Universität Münster in Verbindung mit der Arbeitsstelle Feministische Theologie verliehen.
Die in diesem Jahr ausgezeichnete Arbeit von Anne Kruse geht aus von der Frage nach der Bedeutung von Tierfiguren im Alten Testament. Dabei treten Rabe und Taube als Initiatorinnen einer tiefenpsychologischen Auslegung der Sintfluterzählung in den Vordergrund. Die beiden Vögel werden als Verkörperung eines bestimmten Moments in der psychischen Entwicklung Noahs gedeutet, die wiederum beispielhaft für einen grundlegenden psychischen Entwicklungsschritt verstanden werden kann.
Die Entwicklung Noahs nimmt ihren Ausgang bei seinem gestörten Verhältnis zu Gott und der Erde, was eine lebensbedrohliche psychische Krise auslöst, die in der biblischen Erzählung in mehreren Entwicklungsschritten überwunden wird. Kruse: "Am Ende der Sintfluterzählung steht das Ideal des Menschen, der die aufgebrochenen und destruktiven Impulse in seine Psyche integriert hat und so Zugang zum dem Bild eines versöhnten und versöhnenden Gottes gewonnen hat."
Anne Kruse, geboren 1977 in Krefeld, hat in Eichstätt, Paris und Münster Theologie studiert. Die jetzt ausgezeichnete Studie ist ihre Diplomarbeit am Lehrstuhl für Altes Testament und theologische Frauenforschung der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster. Seit 2006 ist sie Krankenhausseelsorgerin am Malteser Krankenhaus St. Johannes im sächsischen Kamenz.