Pressemitteilung upm

Islamwissenschaftler vermisst Ethikdebatten in Europa

Tariq Ramadan Gast des Exzellenzclusters "Religion und Politik"

Münster (upm), 08. Juli 2009

Tariq Ramadan in der Ringvorlesung des Exzellenzclusters
Tariq Ramadan in der Ringvorlesung des Exzellenzclusters Foto: WWU/Julia Holtkötter

Der Islamwissenschaftler Tariq Ramadan hat die westliche Welt aufgerufen, sich über ihre Werte und Prinzipien klar zu werden. Europa brauche dringend Debatten über Ethik in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur, sagte der an der Universität Oxford lehrende Wissenschaftler am Dienstag (7. Juli 2009) in Münster beim Exzellenzcluster "Religion und Politik" der Westfälischen Wilhelms-Universität.

Die Moderne habe den Menschen Freiheit, Fortschritt und Individualität gebracht. Diese Rechte drohten jedoch zum Selbstzweck zu werden, weil die westlichen Gesellschaften die Frage nach dem tieferen Ziel ihres Zusammenlebens vermieden. Wenn es mehr Ethikdebatten gebe, könne dies auch Muslime und Nicht-Muslime zusammenführen, erklärte der Wissenschaftler ägyptischer Herkunft. „Hoffnungen zu teilen ist besser, als immer nur die Unterschiede zu suchen."

Im Islam spielten grundlegende Fragen des Zusammenlebens eine wesentliche Rolle. Die Werte der Aufklärung ließen sich durchaus mit der muslimischen Tradition vereinbaren, und die Mehrheit der Muslime von heute sei dafür offen. Allerdings dürfe nach ihrer Auffassung das Recht auf Individualität nicht bis zum Exzess übersteigert werden und die Vernunft des Menschen nicht in Arroganz umschlagen. Mit dieser Gefahr sollten sich auch westliche Gesellschaften auseinandersetzen. Als Beispiel für Übereinstimmungen in den Vorstellungen von Muslimen und Nicht-Muslimen nannte Ramadan das Bemühen um Menschenwürde und Naturschutz.

Der international bekannte Wissenschaftler äußerte sich im Rahmen der Ringvorlesung "Moderne - Religion - Politik. Konzepte, Befunde und Perspektiven" des Exzellenzclusters. Der Titel seines Vortrags lautete "Islam and Modernity". Am nächsten Dienstag, 14. Juli 2009, spricht der Soziologe Prof. Dr. Hans Joas vom Max-Weber-Kolleg Erfurt über „Die Achsenzeit-Debatte als religiöser Diskurs".

Exzellenzcluster Religion und Politik