Pressemitteilung upm

Ein „buddhistisches Christentum“?

Weltreligionen waren sich laut Wissenschaftler noch nie so nah wie heute

Münster (upm), 18. September 2009

Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel
Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel Foto: WWU

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Die großen Weltreligionen sind sich nach Einschätzung des Religionswissenschaftlers und Theologen Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel noch nie so nahe gekommen wie heute. Das Ergebnis sei Konfrontation, aber auch eine gegenseitige Durchdringung der Traditionen, schreibt der Wissenschaftler des Exzellenzclusters „Religion und Politik" der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) in seinem neuen Buch „Transformation by Integration". Auf der einen Seite besäßen Religionen ein Konfliktpotenzial, bei dem sie sich wechselseitig als Bedrohung wahrnähmen. Auf der anderen Seite gebe es einen Prozess der gegenseitigen Durchdringung. „Begegnung und Dialog fördern ein besseres Kennen und Verstehen."

Immer mehr Menschen übernähmen Einsichten und Praktiken aus anderen Religionen für ihr eigenes Leben und bildeten „multireligiöse Identitäten" aus, so Schmidt-Leukel. In seinem Buch konzentriert er sich auf die theologischen Probleme, die mit dieser Entwicklung verbunden sind. „Es macht wenig Sinn vor Synkretismus, also der Vermischung von Religionen, zu warnen", unterstreicht der Wissenschaftler. „Solche Prozesse ereignen sich zurzeit in großem Stil. Hier bedarf es einer theologischen Neubewertung." Der Autor strebt eine „interreligiöse Theologie" an, die nicht mehr nur auf einen einzelnen Strang der menschlichen Religionsgeschichte zurückgreift, sondern „dem Glauben aller Ausdruck verleiht".

Als Beispiel führt der Autor zentrale Fragen des christlich-buddhistischen Verhältnisses an. „Es gibt inzwischen sogar namhafte Theologen, die von sich beanspruchen, zugleich Christen und Buddhisten zu sein." Schmidt-Leukel greift theologische Kernfragen auf: Kann die Gottesidee für Buddhisten akzeptabel sein? Kann Buddha von Christen als eine Inkarnation angenommen werden? Die Zukunft der Theologie und die Alternative zur religiösen Konfrontation liegt für Schmidt-Leukel darin, dass Religionen einander als Quellen echter Einsicht schätzen lernen. „Ihre Identität wird sich dabei wesentlich verändern."

Über den Autor: Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel (54) lehrt und forscht seit dem Frühjahr als Professor für Religionswissenschaft und interkulturelle Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der WWU. Im Exzellenzcluster leitet er das Forschungsprojekt A15, „Pluralismusfähigkeit der Religionen/Interreligiöse Theologie". Der anglikanische Theologe gilt als einer der international führenden Vertreter der Pluralistischen Religionstheologie, die von einer theologischen Gleichrangigkeit der großen Religionen ausgeht.

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