Münster (upm), 12. Oktober 2009
Der Platonismus ist eine geistige Bewegung, die die Geistesgeschichte Europas seit dem ersten Jahrhundert vor Christus bis in die frühe Neuzeit hinein entscheidend prägte. Er steht im Mittelpunkt einer internationalen Tagung, die vom Institut für Klassische Philologie der Universität Münster vom 15.-18. Oktober ausgerichtet wird.
Platon entwickelte als erster eine umfassende Sicht der Wirklichkeit, die sich nicht nur auf das den Sinnen Zugängliche beschränkte. Er versuchte zu zeigen, dass die sichtbare Welt allein und aus sich heraus nicht die hinreichenden Gründe für ihre Existenz bieten kann. Die eigentlichen Grundlagen der Wirklichkeit liegen nach seiner Ansicht in einer geistigen Dimension, bei den "Ideen" oder letztlich "Gott". Im Gegensatz zur Vergänglichkeit der irdischen Welt bildet dieses wahre Seiende nicht nur den stabilen Kern alles Wirklichen, sondern bietet auch im Sinne ethischer Normgebung den Zielpunkt und Maßstab menschlichen Handelns. Der Platonismus wurde so im gesamten Mittelalter zur Basis der scholastischen Philosophie der Kirche. Doch auch nach dem Ende des Mittelalters, als die europäische Philosophie andere Wege ging, blieb der Platonismus ein Paradigma, mit dem die Auseinandersetzung obligatorisch war und ist.
Das Editonsprojekt "Der Platonismus in der Antike" an der WWU Münster hat sich zum Ziel gesetzt, die lange vernachlässigte platonische Ethik in der Kaiserzeit systematisch zu untersuchen und die verschiedenen Disziplinen zusammen zu führen. Der Anfang dazu wird von der hauptsächlich durch die "Karl und Gertrud Abel-Stiftung", aber auch durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, den Internationalisierungsfonds der Universität Münster, durch den Fachbereich 08 sowie das Institut für Klassische Philologie unterstützten Tagung gemacht. Die Ergebnisse der Tagung sollen bis 2011 in einem systematisch angelegten Sammelband publiziert werden und zugleich die Grundlage für den noch ausstehenden achten Band (Ethik) des "Platonismus in der Antike" bilden.