Pressemitteilung upm

Wissenschaft - Planung - Vertreibung

Ausstellung zum Generalplan Ost der Nationalsozialisten

Münster (upm), 19. November 2009

Seit 2006 beleuchtet die Wanderausstellung die Rolle der Wissenschaft im Nationalsozialismus.
Seit 2006 beleuchtet die Wanderausstellung die Rolle der Wissenschaft im Nationalsozialismus. Foto: DFG

Bereits während des Zweiten Weltkrieges planten die Nationalsozialisten konkrete Schritte, um ein Ostimperium zu schaffen. Im besetzten Polen, das den Schwerpunkt der „völkischen Flurbereinigung" bildete, schuf man die ersten Grundlagen dafür. Unzählige Wissenschaftler, die in den verschiedensten Disziplinen von der Agrarwissenschaft über die Ökonomie bis zur Rechtswissenschaft durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt wurden, lieferten das theoretische Grundgerüst für die Pläne zur "völkischen Neuordnung" Europas. Die Rolle der DFG und die Bedeutung des Generalplans Ost werden in der großen Wanderausstellung "Wissenschaft - Plaung - Vertreibung" präsentiert, die am Donnertstag, 26. November, um 19 Uhr im Fürstenberghaus am Domplatz eröffnet wird. Anwesend sein wird auch DFG-Präsident Prof. Dr. Matthias Kleiner.

Zwischen 1940 und 1944 wurden über 700.000 Deutsche in den vom Deutschen Reich annektierten Gebieten Westpreußen, „Warthegau" und Oberschlesien angesiedelt. Um für die deutschen Siedler Platz zu schaffen, wurden 800.000 nicht-jüdische Polen aus ihren Wohnorten vertrieben. 1,7 Millionen Menschen wurden als Zwangsarbeiter „ins Reich" verschleppt und zwischen 20.000 und 50.000 Kinder ebenfalls dorthin deportiert, um sie als Deutsche aufwachsen zu lassen.

In ganz Polen wurden drei Millionen Menschen jüdischer Herkunft zunächst in Ghettos eingepfercht und schließlich ermordet. Es waren nicht die wissenschaftlichen Experten selbst, die umsiedelten, deportierten und ermordeten. Aber ihre Denkschriften und Vorträge halfen den Tätern, sich als Vollstrecker eines großen Plans zu sehen, der den Deutschen eine glänzende Zukunft bescheren würde. Dies erleichterte es den Tätern, moralische Hemmschwellen zu überwinden.

Die DFG ist ein eingetragener Verein. Ihre Mitglieder sind Universitäten, Forschungseinrichtungen und die Akademien der Wissenschaft. Sie wurde 1920 gegründet, damals noch unter dem Namen „Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft". Ihre Schwerpunkte, aber auch das politische Profil ihrer Gremien spiegelten von Beginn an die jeweils innerhalb der deutschen Wissenschaft dominanten Strömungen.

Während der Weimarer Republik beherrschten jene nationalkonservativen Professoren die DFG, die auch die Universitäten prägten. Im Nationalsozialismus mobilisierte die DFG ihre Ressourcen mit derselben Begeisterung für das Regime, mit der sich auch die große Mehrheit der deutschen Wissenschaftler für den NS-Staat engagierte. Und nach der Neugründung im Jahr 1949 fand die DFG ihren Platz in einer pluralistischen Demokratie - so wie es die zuvor durchaus demokratiefeindliche Professorenschaft insgesamt tat.

Zur Aufarbeitung ihrer Geschichte hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft eine Forschergruppe eingerichtet, deren Ziel es unter anderem ist, die Rolle der DFG während des Nationalsozialismus aufzuklären. Die Ausstellung ist ein Teil dieser Bemühungen. Federführend beteiligt war auch Prof. Dr. Isabel Heinemann, die damals an der Universität Freiburg arbeitete und heute als Juniorprofessorin am Historischen Seminar der Universität Münster lehrt. "Adolf Hitler und insbesondere Heinrich Himmler formulierten weitreichende Vorstellungen für eine ethnische Neuordnung Europas. Doch es waren die Wissenschaftler, die für eine theoretische Unterfütterung dieser Pläne sorgten und so die Voraussetzungen für ihre Umsetzung schufen. Ohne die wissenschaftliche Planung und Begleitung hätte es keine Umsiedlungspolitik gegeben", erläutert Heinemann die Rolle der Wissenschaftler. Sie wird bei der Ausstellungseröffnung den Festvortrag halten.

Ausstellungsprogramm