Pressemitteilung upm

Weltraum-Mission bringt neue Details ans Licht

Münstersche Forscher an Entdeckung tektonischer Überschiebungen auf dem Mond beteiligt

Münster (upm), 20. August 2010

Münstersche Planetologen sind an der Entdeckung tektonischer Verschiebungen auf der Mondoberfläche beteiligt.
Münstersche Planetologen sind an der Entdeckung tektonischer Verschiebungen auf der Mondoberfläche beteiligt. Foto: NASA
Grafische Darstellung des "Lunar Reconnaissance Orbiter".
Grafische Darstellung des "Lunar Reconnaissance Orbiter". Foto: NASA

Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat zahlreiche bisher unbekannte tektonische Überschiebungen auf dem Mond entdeckt - also Stellen, an denen sich die Kruste des Mondes übereinander geschoben hat. Die Forscher haben nach Auswertung Tausender neuer hochauflösender Bilder, die von der "Lunar Reconnaissance Orbiter Camera" aufgenommen wurden, erstmals Hinweise auf eine globale Verteilung der tektonischen Überschiebungen gefunden. Über diese Ergebnisse berichten sie in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Science". Prof. Dr. Harald Hiesinger und Dr. Carolyn van der Bogert vom Institut für Planetologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster waren als einzige Europäer an der Entdeckung beteiligt.

"Die neuen Bilddaten haben eine räumliche Auflösung von rund 0,5 Metern und decken den Mond großflächig ab. Dadurch war es möglich, Überschiebungen auch in hohen nördlichen und südlichen Breiten zu entdecken", sagt Carolyn van der Bogert. Harald Hiesinger ergänzt: "Das Apollo-Programm der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA hat zwar teilweise Bilder mit einer ähnlich guten Auflösung geliefert. Die Aufnahmen waren aber in ihrer Abdeckung auf äquatornahe Gebiete des Mondes beschränkt. Durch die größere Abdeckung lassen sich nun Modelle zur Entstehung der Überschiebungen wesentlich besser testen."

Eines der Modelle geht zum Beispiel von einer Entstehung durch Tidenkräfte aus. In diesem Fall würde man eine Anhäufung von Überschiebungen auf der erdzugewandten und der erdabgewandten Seite erwarten. Die nun beobachtete Verteilung der Überschiebungen ist nicht vereinbar mit diesem Model, so die Wissenschaftler. "Gegenwärtig favorisieren wir ein Modell, nach dem der Mond insgesamt durch die generelle Abkühlung um 0,01 Prozent - das entspricht 100 Metern im Radius - geschrumpft ist und sich deshalb die Kruste an manchen Stellen übereinander geschoben hat", sagt Harald Hiesinger. Dies kann auf dem Mond beobachtet werden, da der Mond im Gegensatz zur Erde ein "Ein-Platten-Körper" mit einer dicken äußeren rigiden Gesteinsschicht, der sogenannten Lithosphäre, ist. "Auf der Erde gibt es viele Platten, die sich gegeneinander verschieben, sich neu bilden und auch zerstört werden. Durch diese Plattentektonik ist es auf der Erde unmöglich, das Schrumpfen des gesamten Planeten zu studieren", sagt Carolyn van der Bogert. Erste Altersdatierungen der Überschiebungen auf dem Mond lassen vermuten, dass die Bildung dieser Strukturen innerhalb der letzten Milliarde Jahre vonstatten ging, also aus der Perspektive von Planetologen ein relativ junges Phänomen ist.

Auch in Zukunft wird sich das münstersche Forscherteam unter der Leitung von Dr. Tom Watters vom "Smithsonian Institute" in Washington und Dr. Mark Robinson von der "Arizona State University", USA, weiter mit der Auswertung von Bilddaten der "Lunar Reconnaissance Orbiter Camera" beschäftigen und gezielt nach Überschiebungen suchen. "Dadurch wird es möglich, die thermische Entwicklung des Mondes besser zu verstehen. Denn eines ist klar - je mehr von diesen Überschiebungen gefunden werden, desto stärker ist der Mond in seiner Vergangenheit geschrumpft", so Carolyn van der Bogert.

Der "Lunar Reconnaissance Orbiter" (LRO) ist eine Mondsonde der NASA, die 2009 zusammen mit dem Satelliten "LCROSS" an Bord einer "ATLAS V"-Rakete zum Mond gestartet ist. Die Sonde beinhaltet die "Lunar Reconnaissance Orbiter Camera", die nie gesehene Details vom Mond ans Licht bringen soll. Ziele der Mission sind es, die gesamte Mondoberfläche in hoher Auflösung zu kartieren, nach Spuren von Wassereis zu suchen und die kosmische Strahlenbelastung zu messen.

Institut für Planetologie Literatur / "Science"-Publikation