Pressemitteilung upm

Was ist das Deutsche und woher kommt es?

Philologen-Symposium an der WWU / Experten wollen Wurzeln der modernen Literaturwissenschaft ergründen

Münster (upm), 30. November 2010

Plakat zur Tagung
Plakat zur Tagung Foto: WWU - Germanistik

Literatur und Recht - was haben die miteinander zu schaffen? Viele Juristen wie Goethe haben gedichtet, und Literatur genießt den Schutz des Rechts. Wie Juristen und Sprachforscher aber 100 Jahre lang gemeinsam nach dem Ursprung des Deutschen fahndeten und damit die moderne Literaturwissenschaft erfanden, ist bislang wenig bekannt und wenig erforscht. Dabei gibt es spannende Parallelen zwischen der Suche nach den deutschen Wurzeln um 1800 und der Diskussion um die sogenannte Leitkultur heute.

Zu diesem Thema veranstaltet der Fachbereich Philologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) vom 9. bis 11. Dezember die Tagung "Philologie als Literatur- und Rechtswissenschaft. Germanistik und Romanistik 1770-1870" im Liudgerhaus, dem Tagungshaus des Bistums Münster, Überwasserkirchplatz 3. Die interessierte Öffentlichkeit ist herzlich willkommen.

Noch heute heißen Experten des deutschen Rechts und solche der deutschen Literatur "Germanisten", während Spezialisten des römischen Rechts, aber auch der romanischen Literatur "Romanisten" sind. Die Parallelität ist kein Zufall. Sie geht zurück auf die humboldtsche Forschungsuniversität, die vor 200 Jahren aus der Taufe gehoben wurde. Maßgeblich beteiligt waren Juristen und Sprachforscher, die unter patriotischen Vorzeichen das Verhältnis von Literatur, Sprache und Recht ergründeten. Sie wollten wissen: Was ist das Deutsche? Wo kommt es her?

Der Gründer der deutschen Philologie, Jacob Grimm, verkündete in seiner Schrift "Von der Poesie im Recht" (1816), "dass recht und poesie aus einem bette aufgestanden waren". Die Forscher des 19. Jahrhunderts stellten die Frage nach den Wurzeln von Literatur, Sprache und Recht als Frage nach den Wurzeln der Nation. Diesen Arbeiten verdanken wir die "typisch deutschen" Stereotype wie Treue zum Alten, Sachlichkeit, Schicksalsglaube und Freiheitsliebe.

Nicht nur die Jurisprudenz, auch die Philologie war im 19. Jahrhundert eine zutiefst politische Angelegenheit: Recht und Sprache wurden verbunden mit dem Schicksal der Deutschen. Auch die Idee einer deutschen Leitkultur nimmt im 19. Jahrhundert Gestalt an. Dabei gingen die Philologen nicht immer zimperlich an die Arbeit und vereinnahmten Werke und Ideen, die aus heutiger Sicht abwegig erscheinen. So machte zum Beispiel der Gründer der romanischen Philologie, Friedrich Dietz, im spanischen Heldenepos "Cid" den Geist der Nibelungen aus.

Bei dem dreitägigen Symposion stellen Wissenschaftler aus Deutschland und Österreich ihre Forschungsergebnisse vor. Um dem komplexen Thema gerecht zu werden, kommen dabei Germanisten, Romanisten, Juristen, Altphilologen und Philosophen zu Wort. Die Veranstaltung wird von der Fritz-Thyssen-Stiftung für Wissenschaftsförderung unterstützt.

Tagungsprogramm Liudgerhaus