Pressemitteilung upm

"Wahre Fundgrube"

Früheste Dokumentation der deutschen Alltagssprache

Münster (upm), 23. März 2011

Titelbild des "Vocabularius Teutonicus"
Titelbild des "Vocabularius Teutonicus" Foto: WWU

Nur ein einziges Exemplar der Auflage von wahrscheinlich rund 300 Stück ist erhalten geblieben und das wird in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster (ULB) aufbewahrt. Der "Vocabularius Teutonicus" ist eines der ältesten in Münster gedruckten Bücher und gilt als das früheste Wörterbuch der deutschen Alltagssprache. Der 1509 gedruckte Text war bisher nur wenigen Experten zugänglich. Eine vom münsterschen Germanisten Dr. Robert Damme betriebene und von 2004 bis 2009 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Edition hat diesen unbefriedigenden Zustand nun beendet.

Die dreibändige Neuerscheinung ist in der Buchreihe "Niederdeutsche Studien" der Kommission für Mundart- und Namenforschung beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) erschienen. Dokumentiert sind hier die 17 bekannten Handschriften des "Vocubalarius Teutonicus" und die einzige bekannte Druckfassung. Für Historiker und Sprachforscher besonders spannend ist die Möglichkeit, die regional unterschiedlichen Bezeichnungen zu finden, erläutert Prof. Dr. Jürgen Macha, Leiter der Mundart- und Namensforschungskommission des LWL.

Ursprünglich entstand der "Vocabularius Teutonicus" als Wörterbuch für Schüler, die aus dem Mittelniederdeutschen ins Lateinische übersetzen sollten. Seine Stichwortliste ist deswegen auch nach den deutschen Worten und nicht - wie üblicher - nach den lateinischen sortiert, erklärt Herausgeber Damme. "Das Wörterbuch ist eine wahre Fundgrube für die mittelalterliche Alltagssprache", betont er. Der "Vocabularius Teutonicus" sei als Vorläufer des großen Grimm'schen Wörterbuches zu verstehen.

Als die gedruckte Fassung des münsterschen Buchhändlers und Frühdrucker Laurenz Borneman mit dem Titel "Vocabularius in quo" erschien, hatte sie sich allerdings schon überlebt: Zu Beginn der Neuzeit kamen humanistische Wörterbücher auf, die sich auf das klassische Latein bezogen und die spätmittelalterlichen Wörterbücher mit ihrem Vulgärlatein verdrängten. Wohl auch diesem Umstand ist es zu verdanken, dass der "Vocabularius teutonicus" 100 Jahre nach der ersten Handschrift nur eine Druckauflage erlebte und heute in nur einem Druckexemplar überliefert ist.

Dieses repräsentiert die reichhaltige Sammlung der ULB Münster an Frühdrucken des Humanismus, welcher in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts auch in Münster florierte. Diese Frühdrucke, oftmals von bescheidenem Äußeren und mitunter einfachem Typenmaterial, sind sehr selten erhalten.

ULB Münster Mundart-Kommission des LWL