Pressemitteilung upm

Auf der Suche nach Dunkler Materie

Wissenschaftler der "XENON-Kollaboration" berichten über neue Forschungsergebnisse

Münster (upm), 15. April 2011

Mit dem XENON100-Detektor wollen Wissenschaftler Dunkle Materie aufspüren.
Mit dem XENON100-Detektor wollen Wissenschaftler Dunkle Materie aufspüren. Foto: National Science Foundation

Wissenschaftler der "XENON-Kollaboration" berichten über neue Ergebnisse ihrer Suche nach Dunkler Materie: Sie haben mit bisher unerreichter Empfindlichkeit mit dem XENON100-Detektor im italienischen Gran-Sasso-Untergrundlabor Daten gewonnen. Diese Daten liefern zwar bislang keine Hinweise auf die Existenz von sogenannten WIMPs (Weakly Interacting Massive Particles), sind aber für die Forscher hochinteressant. Hinter WIMPs, so vermuten sie, verbirgt sich nichts anderes als Dunkle Materie. Daher sind diese Teilchen "heiße Kandidaten", die es aufzuspüren gilt – und dass dies in Zukunft gelingen könnte, davon sind die Wissenschaftler überzeugt. An dem Forscher-Konsortium, das nun die Daten aus 100 Tagen Messdauer ausgewertet hat, ist auch die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Christian Weinheimer vom Institut für Kernphysik der Universität Münster beteiligt.

Dunkle Materie, so nehmen Wissenschaftler an, ist eine unsichtbare, aber zugleich wesentliche Komponente des Universums. Sie macht über 80 Prozent aller Materie aus. Darauf gibt es indirekte Hinweise aus der Kosmologie und aus der Teilchenphysik, die eine bemerkenswerte Übereinstimmung zeigen. Eine direkte Beobachtung von WIMPs würde einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den größten Strukturen im Kosmos und der subatomaren Welt herstellen. Daher versuchen die Wissenschaftler der XENON-Kollaboration, Dunkle Materie nachzuweisen.

Die neuen Daten engen die Suche nach Dunkler Materie in bislang nicht da gewesener Genauigkeit ein. Gleichzeitig schränken sie die Modelle der Teilchenphysik zur Dunklen Materie stark ein, machen sie also ebenfalls genauer. Obwohl derzeit noch kein Signal gesehen wurde, hat das XENON100-Experiment eine so hohe Nachweis-Sensitivität, dass – so die theoretischen Erwartungen – Dunkle Materie damit bald aufgespürt werden könnte. Der XENON100-Detektor misst in über 60 Kilogramm flüssigem Xenon kleinste Licht- und Ladungssignale, die durch seltene Kollisionen zwischen WIMPs und Xenon-Atomen stattfinden. Dadurch soll er die Existenz der WIMPs nachweisen.

XENON100 unterscheidet sich von anderen Experimenten zur Suche nach Dunkler Materie vor allem durch seinen hundertfach niedrigeren Strahlungsuntergrund, der ansonsten die "WIMP-Signale" überdecken würde. Beispielsweise wurden nur speziell ausgesuchte Materialien verwendet, und die störende kosmische Strahlung wird durch eine 1400 Meter dicke Felsschicht abgeschirmt, die über dem unterirdischen XENON100-Labor liegt.

Die münstersche Gruppe von Christian Weinheimer beteiligt sich am XENON-Projekt mit speziellen Methoden zur Befreiung des Xenons von Verunreinigungen und radioaktiven Spuren. Zudem ist sie an der Kalibration des Experiments und der Analyse der Daten beteiligt. Die dafür notwendige Expertise beruht auch auf der langjährigen Beteiligung der Arbeitsgruppe am Neutrinomassenexperiment KATRIN, welches derzeit in Karlsruhe aufgebaut wird.

XENON100 nimmt im Jahr 2011 weiter Daten auf. Gleichzeitig werden Pläne für einen wesentlich größeren Nachfolgedetektor verfolgt. "Die kommenden Jahre sind daher sehr spannend, und es gibt berechtigte Hoffnung, eines der fundamentalsten Rätsel der Physik lösen zu können", betont Christian Weinheimer.

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