Pressemitteilung upm

Das Studium muss nicht wehtun

Psychologen der Universität Münster untersuchten Prüfungsbelastung - und geben Tipps zur Klausurgestaltung

Münster (upm), 21. Juni 2012

Dr. Meinald Thielsch
Dr. Meinald Thielsch Foto: WWU
Olga Bechler
Olga Bechler Foto: WWU

Während früher schriftliche Prüfungen in vielen Fächern während des Studiums keine Rolle spielten, haben sie im Zuge der Umstellung auf Bachelor- und Master-Abschlüsse enorm an Bedeutung gewonnen. Ein Beispiel: Im Diplomstudiengang Psychologie in Münster gab es nur eine Klausur bei insgesamt 13 Prüfungen im Vor- und Hauptdiplom - allein im Bachelor werden nun über ein Dutzend Klausuren geschrieben. Diese Umstellung hat für Studierende und Lehrende weitreichende Auswirkungen, was dazu führte, dass die neuen Studiengänge in der Öffentlichkeit und von den Studierenden oft als belastend und nicht studierbar empfunden werden. Dass das nicht sein muss, haben Olga Bechler und Dr. Meinald Thielsch von der Arbeitseinheit für Psychologische Diagnostik und Persönlichkeitspsychologie der Universität Münster nachgewiesen - sie haben ihre Ergebnisse jetzt in der Zeitschrift für Hochschulentwicklung veröffentlicht.

"Damit sind wir vermutlich die ersten, die nicht nur die Lehrveranstaltungen evaluieren, sondern auch die Prüfungen, die letztendlich den Erfolg des Studiums ausmachen", erklärt Meinald Thielsch. Über acht Semester hinweg - seit Einführung des Bachelors - wurden Studierende der Psychologie direkt im Anschluss an ihre Klausuren befragt. So kamen insgesamt fast 2800 Fragebögen zu 75 Klausuren zusammen, in denen die Studierenden sich zu Schwierigkeiten mit einer schriftlichen Prüfung äußerten. Größtes Problem: der subjektiv empfundene Zeitmangel. Die Studierenden bemängelten vor allem den ihrer Meinung nach zu großen Umfang des Lerninhalts und die mangelhafte Lernzeit zwischen den Klausuren. Doch fragt man, wie lange sich die Studierenden auf eine Klausur vorbereiten - im Schnitt etwa 45 Stunden - dann zeigt sich, dass dieser Arbeitsaufwand in Bezug auf die dafür vorgesehenen Leistungspunkte angemessen ist.

Objektiv gesehen, gibt es demnach ausreichend Zeit zum Lernen. Wodurch ergibt sich also das Gefühl der hohen Belastung?, fragten sich Meinald Thielsch und Olga Bechler. Bislang bündele sich die Belastung der Studierenden am Ende eines Semesters. Die beiden Psychologen begnügen sich nicht damit, nur Probleme aufzuzeigen, sondern wollen auch Wege zu deren Lösung aufzeigen. So schlagen sie vor, schon während des Semesters Probeklausuren oder Beispielaufgaben anzubieten. So gebe man den Studierenden Anreize, sich frühzeitig mit dem Stoff zu beschäftigen. Außerdem werde die Transparenz für die anstehende Klausur vergrößert, Ängste vermindert und die Zuversicht erhöht. Auch Blockveranstaltungen, an deren Ende sofort und nicht erst nach einigen Monaten das Wissen geprüft werde, könnten die Studierenden unterstützen.

Verständnisschwierigkeiten aufgrund von schlechtem Material oder schlechten Vorlesungen bilden die zweite Problemquelle. Besseres Material und eine professionalisierte didaktische Herangehensweise sind hier logischen Lösungen. Zu beidem will das Zentrum für Hochschullehre beitragen, das im vergangenen Wintersemester an der Universität Münster gegründet wurde.

Häufig wissen die Studierenden nicht genau, was von ihnen verlangt wird. Sie lernen zu viel oder falsch. "Die Transparenz von Klausuren ist eines der wichtigsten Merkmale von schriftlichen Prüfungen", betont Meinald Thielsch. "Dafür sollten relevante Inhalte, der Schwierigkeits- und Detailgrad sowie die eventuell benötigte zusätzliche Literatur rechtzeitig vor der Klausur genannt werden." In puncto Transparenz hat sich schon einiges getan: Die Nennung dieses Problems hat bereits deutlich abgenommen.

Der dritte Problembereich liegt auf Seiten der Studierenden, gerade im Bereich von Motivationschwierigkeiten, Aufschiebeverhalten (Prokrastination) oder schlechtem Zeitmanagement. Generell sind die Unterschiede zwischen einzelnen Studierenden riesig: Manche nennen gar keine Probleme und schaffen alles zeitgemäß, andere berichten von einer starken Überlastung. "Es ist Aufgabe der Hochschulen, sinnvoll den Kompetenzerwerb zu unterstützen", ist Meinald Thielsch überzeugt. "Denn nur mit gegenseitigem Entgegenkommen und gemeinsam strukturierten Lernprozessen kann ein angenehmer Studienalltag erreicht werden." Anregungen und Kritik seitens der Studierenden seien dafür unverzichtbar. Aus denen hat das Evaluationsteam in der Psychologie nun umfangreiche Checklisten mit Tipps zur Klausurgestaltung erstellt - hilfreich nicht nur für Psychologen, denn, da sind sich die beiden Wissenschaftler einig, die Probleme seien in anderen Fächern ähnlich.

Evaluation in der Psychologie