Pressemitteilung upm

"Jenseits von 'Tarnname Rebhuhn'"

Studierende präsentieren neue Forschungsergebnisse zum alten Eisenbahntunnel / "Expedition Münsterland" macht Halt in Lengerich

Münster (upm), 29. Juni 2012

Als die "Expedition Münsterland" im vergangenen Jahr Halt am alten Eisenbahntunnel in Lengerich gemacht und die historischen Ereignisse an diesem Ort in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zurückgerufen hat, war das der Startschuss zu einer geschichtlichen Erkundung. Seither haben sich Geschichtsstudentinnen und -studenten der Universität Münster gemeinsam mit dem Geschichtsort Villa ten Hompel mit dem leer stehenden Eisenbahntunnel als wissenschaftlich bedeutendem Ort auseinandergesetzt. Die Ergebnisse ihrer Arbeit präsentieren sie bei einem erneuten Halt der Expedition im Kreis Steinfurt am Sonntag, 8. Juli, um 11 Uhr auf dem Gelände der Eisenbahnfreunde Lengerich an der Lienener Straße (gegenüber vom Fahrradhaus Tiemann, Lienener Straße 29-31), 49525 Lengerich. Ende ist gegen 14 Uhr.

Der Tunnel hatte den Nationalsozialisten unter dem Tarnnamen "Rebhuhn" als unterirdische Fabrik zur Fertigung von Flugzeugteilen gedient. Dabei waren Häftlinge aus dem Konzentrationslager Neuengamme bei Hamburg eingesetzt worden. Die Studierenden erforschten den Tunnel im Rahmen eines Seminars unter dem Titel "Jenseits von 'Tarnname Rebhuhn'" als Ort regionaler, deutscher und europäischer Geschichte. Sie fragten nach der Entstehungsgeschichte sowie nach der Nutzung während des Nationalsozialismus' und in der Zeit der Bundesrepublik, und sie untersuchten die Erinnerungsarbeit zum Tunnel. Welche Bedeutung hat die Tunnelgeschichte für das kollektive Gedächtnis in Lengerich und im Münsterland?

Die "Expedition Münsterland" präsentiert die neuen Forschungsergebnisse der Studierenden, die sie am Historischen Seminar der Universität Münster erarbeitet haben. Auf 15 großformatigen Ausstellungstafeln wird die wechselvolle Geschichte rund um den alten Eisenbahntunnel Lengerich anschaulich dargestellt. Dabei soll es nicht um die Skandalisierung des Ortes gehen, sondern um die historische Erkundung des Tunnels als authentischen Erinnerungs- und Denkort. Die Ausstellung ist auch am 15., 22. und 29. Juli von 11 bis 12 Uhr geöffnet. Weitere Informationen sind unter www.uni-muenster.de/AFO/jenseits_von_rebhuhn.html zu finden.

Der Eisenbahntunnel als unterirdische Fabrik

Die über 700 Meter lange Röhre, die zwischen 1871 bis 1928 als Eisenbahntunnel auf der Strecke von Münster nach Hamburg genutzt wurde, diente zwischen 1944 und 1945 als KZ-Außenlager. Mehr als 200 Häftlinge wurden dafür aus dem KZ Neuengamme nach Lengerich verlegt. In dem zur unterirdischen Fabrik umgebauten Tunnel mit dem Tarnnamen "Rebhuhn" frästen die Häftlinge Profile für Tragflächen von Jagdflugzeugen. 19 KZ-Häftlinge kamen dabei zu Tode, mindestens 14 davon wurden vom Lagerpersonal hingerichtet. Zwischen 1941 bis 1944 sowie zum Kriegsende an Ostern 1945 nutzte die Lengericher Bevölkerung den Tunnel mehrfach als Zufluchtsort vor Luftangriffen. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Produktionsstätte geräumt und die im Tunnel installierten Wände aus Ziegelsteinen zum Wiederaufbau zerstörter Häuser in Lengerich verwertet.

Weitere Informationen "Expedition Münsterland"