Pressemitteilung upm

Das Streben nach Bewunderung

Neuer Psychologe an der Universität Münster untersucht Popularität von Narzissten

Münster (upm), 27. August 2012

Prof. Dr. Mitja Back
Prof. Dr. Mitja Back Foto: privat

"Das Zeitalter des Narzissmus" hat der amerikanische Historiker Christopher Lasch bereits 1979 seine Beschreibung westlicher Gesellschaften genannt und bis heute hat sich an seiner Diagnose wenig geändert. Wie wichtig diese Persönlichkeitseigenschaft ist, zeigt sich auch daran, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Prof. Dr. Mitja Back ein großangelegtes Projekt zu ihrer Erforschung bewilligt hat. Mitja Back ist seit April Professor an der Universität Münster.

"Narzissmus ist eine Dimension der Persönlichkeit, die sich vor allem in der Interaktion mit dem sozialen Umfeld zeigt", erklärt der Psychologe. Narzissmus lässt sich in seiner vorklinischen Form als Streben nach Bewunderung und Macht, Mangel an Empathie, Impulsivität, Selbstbeweihräucherung und Dominanz definieren. "In diesen Persönlichkeitscharakteristika gibt es natürlich eine erhebliche Varianz zwischen den verschiedenen Menschen", so Mitja Back.

Während Narzissten ein positives Selbstbild berichten und nach der Anerkennung anderer streben, sind sie auf Dauer für die meisten Menschen jedoch nervende und unsympathische Sozialpartner, weil sie ihre eigenen Kapazitäten überschätzen und sich egoistisch verhalten. Interessanterweise konnte Mitja Back in früheren Untersuchungen jedoch zeigen, dass narzisstische Personen bei ersten Begegnungen häufig sogar beliebter sind. "Narzissmus ist eine der faszinierendsten und paradoxesten interpersonellen Eigenschaften. Kurzfristig sind Narzissten häufig beliebt, langfristig nimmt diese Beliebtheit dann meist deutlich ab."

Wie kommt es, dass sich der Eindruck, den Narzissten erzeugen, so stark ändert? In mehreren Studien untersucht Mitja Back nun langfristig das Interaktionsverhalten von Menschen. Er möchte so herausfinden, wie sich soziale Beziehungen, zum Beispiel Freundschaften, entwickeln und welchen Einfluss Persönlichkeitseigenschaften wie Narzissmus hierauf haben. In einer ersten Studie wurden jeweils sechs Personen drei Wochen lang im Labor gefilmt und bekamen Aufgaben, die sie erledigen müssen. Außerdem sollten sie sich selbst und die anderen beurteilen. "Was in den ersten Verhaltensweisen führt dazu, dass man sich mag?", fragt der Persönlichkeitspsychologe und: Wie entwickelt sich die Beliebtheit von Narzissten?

Die Gruppenstudie hat bislang gezeigt: Narzissten sind anfangs häufig beliebt, denn sie besitzen im allgemeinen viel Charme und Humor und treten selbstbewusster auf. Nach einiger Zeit wird jedoch den anderen klar, dass Narzissten beispielsweise weniger dazu geneigt sind zuzuhören. Trotzdem sind Narzissten deswegen nicht schlagartig unpopulär. Warum? "Offenbar ist es so, dass sich in vielen sozialen Situationen negative Aspekte wie der Egoismus und positive Aspekte wie Dominanz und Stärke gegenseitig aufheben", sagt Mitja Back.

Ab Oktober will er seine Forschungen noch realitätsnäher fortsetzen. Über eine App auf dem Smartphone und ein Online-Tagebuch sollen Studierende ihre Interaktionen mit ihren Kommilitonen beurteilen. So lässt sich auch nachvollziehen, wie sich Freund- oder Partnerschaften entwickeln und wie dieser komplexe soziale Prozess vom Narzissmus aller Beteiligten beeinflusst wird.

Arbeitseinheit Psychologische Diagnostik und Persönlichkeitspsychologie