Pressemitteilung upm

Liebesfilm oder Komödie?

Computergestützte Systeme können helfen, in der Gruppe die richtige Entscheidung zu treffen / Studie im "Journal of Marketing"

Münster (upm), 16. Oktober 2012

Dr. André Marchand
Dr. André Marchand Foto: WWU - Roland Artur Berg

Soll es ein Liebesfilm sein, Action oder doch lieber eine Komödie? Wer in der Videothek einen Film aussucht oder ins Kino geht, hat die Qual der Wahl. Besonders schwierig wird es, wenn mehrere Personen gemeinsam einen Film anschauen wollen. Wissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zeigen nun, dass neue computergestützte Empfehlungssysteme helfen können, einen Film zu finden, der allen Mitgliedern einer Gruppe gefällt. Damit haben solche Systeme ein großes Potenzial für Unternehmen, die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung zu verbessern. Die Studie der münsterschen Forscher, an der 460 Testpersonen teilnahmen, ist in der aktuellen Ausgabe des renommierten "Journal of Marketing" erschienen.

Intelligente Empfehlungssysteme können Nutzern maßgeschneiderte Produktempfehlungen geben, die auf ihren jeweiligen Vorlieben und ihrem bisherigem Verhalten basieren. Systeme, die den einzelnen Kunden Produktvorschläge machen, werden beispielsweise von Online-Verkaufsplattformen wie Amazon eingesetzt. Empfehlungssysteme für Gruppen sind dagegen bislang nicht verbreitet. Nun zeigen die Autoren erstmals anhand einer umfangreichen Studie für die Auswahl von Spielfilmen, dass solche Gruppen-Empfehlungssysteme tatsächlich einen Mehrwert für Nutzer bieten können. "Unsere Ergebnisse belegen, dass Kunden eine bessere Auswahl treffen können und mit dem gewählten Film zufriedener sind, wenn sie Gruppen-Empfehlungssysteme nutzen" erklärt Prof. Dr. Thorsten Hennig-Thurau vom Marketing Center Münster, der die Studie gemeinsam mit Dr. André Marchand und Paul Marx durchgeführt hat. Die Autoren weisen dabei auch nach, dass die Systeme für Menschen, die sich nahestehen und sich solcher Technik gegenüber aufgeschlossen zeigen, besonders vielversprechend sind.

Empfehlungssysteme sind nicht nur für die Auswahl von Filmen einsetzbar, sondern auch für andere Bereiche der Freizeitgestaltung, beispielsweise Urlaubsreisen, Restaurant- oder Konzertbesuche. "Das Anwendungsfeld von Gruppen-Empfehlungssystemen ist sehr groß. Schließlich verbringen die meisten Menschen einen beträchtlichen Teil ihrer Freizeit gemeinsam mit Freunden, Bekannten oder der Familie", betont Dr. André Marchand. "Ich bin davon überzeugt, dass in Zukunft computergestützten Entscheidungshilfen eine immense Bedeutung zukommen wird", prognostiziert er. "Schließlich werden die Angebote, die die Freizeit- und Medienbranche bereithält, immer unüberschaubarer." Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre Erkenntnisse Anbieter dazu motivieren, sich nicht nur an einzelnen Kunden auszurichten, sondern auch für Gruppen attraktive Empfehlungen zu generieren.

An der Studie nahmen insgesamt 460 Testpersonen teil. Jeweils ein Gruppenmitglied durfte aus einer Auswahl an – für alle Gruppenmitglieder unbekannten – Filmen denjenigen wählen, den die Gruppe später gemeinsam anschaute. Dabei erhielten die Testpersonen Empfehlungen, die entweder nur den eigenen Filmgeschmack berücksichtigten oder auch den der Gruppe. Eine Kontrollgruppe suchte den Film ohne computergestützte Empfehlungen aus.



Originalpublikation: Thorsten Hennig-Thurau, André Marchand, and Paul Marx (2012), "Can Automated Group Recommender Systems Help Consumers Make Better Choices?" Journal of Marketing, 76 (5), 89-109

Forschung A-Z/Dr. André Marchand