Pressemitteilung upm

In die USA und wieder zurück

Semestereröffnung "Studium im Alter" mit 600 Teilnehmern gut besucht

Münster (upm), 26. September 2012

Rund 600 Gasthörer besuchten an der Universität Münster am Mittwoch die Eröffnungsveranstaltung "Studium im Alter"
Rund 600 Gasthörer besuchten an der Universität Münster am Mittwoch die Eröffnungsveranstaltung "Studium im Alter" Foto: WWU - Kristin Woltering
Agnes Beuing (l.) und Angela Prinz aus Westbevern besuchten am Mittwoch die Vorlesung von Religionssoziologe Prof. Dr. Detlef Pollack.
Agnes Beuing (l.) und Angela Prinz aus Westbevern besuchten am Mittwoch die Vorlesung von Religionssoziologe Prof. Dr. Detlef Pollack. Foto: WWU - Kristin Woltering

Einige kamen mit ihren Lederranzen aus alten Schulzeiten, andere waren auf Rollatoren angewiesen und fast jeder hatte eine Brille dabei: Rund 600 Senioren kamen am Mittwoch zum Hörsaalgebäude am Schlossplatz, um an der ersten Vorlesung des Wintersemesters der Reihe "Studium im Alter" teilzunehmen. "Ich möchte mich einfach geistig fit halten", verrät Agnes Beuing, die mit ihren 60 Jahren dem Rentenalter näher kommt. "Mein Sohn hat mich motiviert, hier vorbei zu schauen, ich habe damals nicht studiert", erklärt ihre Freundin Angela Prinz, 66 Jahre. Beide Damen sind aus Westbevern (Kreis Warendorf) angereist.

Als die Tür zum Hörsaal geöffnet wird, stürmt Agnes Beuing hinein, um zwei Plätze freizuhalten. Angela Prinz hingegen eilt noch schnell zur Toilette im Keller. Im Hörsaal wippen die beiden Seniorinnen etwas aufgeregt mit ihren Beinen auf dem Holz-Sitz. Plötzlich hat Agnes Beuing ein Problem. Sie hat die Tischplatte vor sich eingeklemmt, sodass sie sie nicht einklappen kann. Es warten aber einige Besucher darauf, dass sie Platz macht, um an ihr vorbei zu den freien Sitzplätzen neben ihr zu gelangen. "Hochziehen", meint ein Rentner hinter ihr. Das hilft, die Holzplatte klappt ein und die anderen Besucher kommen vorbei.

Zwei Plätze weiter sitzt Willi Peters. Er ist 73 und schon seit zehn Jahren Gasthörer an der Universität Münster. "Ich wollte einfach Neues erfahren und einmal einen Professor reden hören. Ich war ja damals nicht an der Uni", erklärt er. Er kommt aus dem münsterschen Stadtteil Gievenbeck und hat sogar schon an einer über die Kontaktstelle "Studium im Alter" organisierte Studienreise in die Türkei teilgenommen, wie er stolz erzählt. "Ist ganz schön voll heute", bemerkt Angela Prinz. "Ich denke, das liegt am Thema. Religion in Europa und Amerika geht ja jeden etwas an", meint ihre Sitznachbarin.

"Religiös-fundamentalistisches Amerika – religiös-indifferentes Europa? Erklärungen für die Differenz im Religiositätsniveau zwischen den USA und Europa" lautet der Titel der heutigen Vorlesung. Prof. Dr. Detlef Pollack ist Religionssoziologe an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und auch Wissenschaftler des Exzellenzclusters "Religion und Politik". "Amerika ist als "God-chosen-Nation" bekannt, der Präsident schwört auf die Bibel, und auf dem Dollarschein steht "In God we trust", erklärt Detlef Pollack zunächst die offensichtlichsten Unterschiede zwischen Europa und den USA.

Mit vier Hypothesen versucht er zu verdeutlichen, warum Europa und die USA so verschieden sind bezüglich ihrer Religiosität. Viele Graphen, Diagramme und Statistiken aus Umfragen sollen seine Ausführungen belegen. Die ersten werden müder. Der eine oder andere hält den Kopf auf seine Hände gestützt, einigen fallen die Augen zu. "Warum sagt ein Amerikaner beim Zahnarzt vor der Behandlung: 'Ich bin Methodist'? Na klar, weil er damit verdeutlicht, dass er zahlungsfähig ist. Wenn man in den USA sozial auf- oder absteigt, wechselt man die Religionsgemeinschaft, das ist hier in Europa anders", erklärt der Religionssoziologe. Alle im Hörsaal lachen und sind wieder wach.

Laut den vorgeführten Statistiken sind Ostdeutschland und Tschechien am wenigsten religiös ausgerichtet. Viele Informationen und Zahlen strömen auf die älteren Semester ein. Die vier Hypothesen sind am Ende zum Teil verifiziert, zum Teil falsifiziert. Sicher sei, sagt Detlef Pollack die USA seien sehr heterogen, was die Herkunft von Bevölkerungsteilen angeht. Jedoch seien sie eigentlich ein sehr homogen christlich geprägtes Land und insgesamt sogar religiös vitaler als Europäer, auch wenn es immer wieder radikale Evangelisten im Fernsehen zu sehen gebe.

"Ich musste ganz schön sehen, dass ich am Ball bleibe, sonst hätte mein Kopf abgeschaltet", meint Agnes Beuing am Ende des Vortrags. Die vielen Statistiken hätten sie "geschlaucht", sagt die 60-Jährige. "Ich war noch nie in den USA, aber mein Sohn", erklärt Angela Prinz. "Als er nach einem halben Jahr wieder kam, hatte er ein ganz anderes Verhältnis zur Religion. Nach dieser Vorlesung kann ich ihn ein bisschen besser verstehen", ruft die 66-Jährige und verlässt den Hörsaal.

Studium im Alter an der Universität Münster