Pressemitteilung upm

Speed-Dating mit der Familie

Wie sich Familie Althoff und Gaby Wolter über das Projekt „Wunschgroßeltern“ fanden

Münster (upm), 04. Februar 2013

Ungewöhnliches Familienglück: Baby Janne mit Mama, Papa und Wunschgroßmutter Gaby Wolter.
Ungewöhnliches Familienglück: Baby Janne mit Mama, Papa und Wunschgroßmutter Gaby Wolter. Foto: WWU - Peter Grewer

Angefangen hatte alles mit einem roten runden Namenszettel, der auf dem Bauch von Björna Althoff klebte. Es folgte der erste Kontakt bei Kaffee und Kuchen, und nun ist eine Beziehung daraus entstanden. Was sich nach einem erfolgreichen Kuppelversuch bei der Partnersuche anhört, ist die Geschichte einer "Wunschgroßmutter", Gaby Wolter, die zur Enkelin kam.
Aber der Reihe nach: Ende vergangenen Jahres entstand an der WWU ein Projekt, das zum Ziel hat, Senioren und Familien zusammenzubringen. Viele Familien wünschen sich, dass die Großeltern  in der Nähe sind und einen Platz im Leben der Kinder einnehmen. Nicht immer ist das möglich. Das Projekt "Wunschgroßeltern" - eine gemeinsame Initiative des Servicebüros Familie, des Gleichstellungsbüros und des Fördervereins für das Studium im Alter - bietet eine Alternative und bringt Familien und Senioren zusammen.  So wie Gaby Wolter und die Familie Althoff.

"Ich fand die Idee mit dem Zettel super, der auf Björnas großem, runden Bauch klebte und mit dem Namen auf die Hauptperson aufmerksam macht", erzählt Gaby Wolter, die in der Verwaltung der WWU arbeitet, vom ersten Treffen beim "Wunschgroßeltern Café". "Wir möchten junge Menschen mit Kindern zu älteren Ehepaaren ohne Nachwuchs führen", erklärt Iris Oji, Leiterin des Servicebüros Familie, die Grundidee.

Erfahren hatte Thorsten Althoff per Rund-E-Mail unter den Studierenden von dem zweiten "Matching"  an der Universität Münster. "Ich habe am 14. November von dem Projekt und  dem Treffen erfahren, und am selben Tag um 18 Uhr war schon Bewerbungsschluss. Da habe ich schnell Björna angerufen, und  wir haben uns noch angemeldet", erzählt der 24-Jährige. Da die Eltern des Paares in Aachen leben und nur ab und an zu Besuch kommen können, erschien ihnen die Idee, eine Wunschgroßmutter für ihr damals noch ungeborenes Baby zu suchen, perfekt.

"Als Gaby erzählte, dass sie allein mit ihrem Großneffen in einem Wohnmobil durch Cornwall gereist ist, war ich sofort angetan", erzählt Björna Althoff, die am 10. Dezember 2012 Tochter Janne zur Welt brachte. "Sie war einfach total sympathisch", erinnert sich die 23-jährige Medizinstudentin. Nach dem ersten Treffen vermittelte das Servicebüro Familie die Kontaktdaten, und heute trifft sich die kleine Familie regelmäßig mit der Wunschgroßmutter.

Im Wohnzimmer der Althoffs steht neben dem Sofa ein großes Terrarium. Darin  hängen zwei  giftgrüne Geckos an den Glaswänden. "Die beiden bekommen auch Nachwuchs", erzählt die Medizinstudentin. "Das ist hier ein sehr fruchtbares Haus", stellt Gaby Wolter lachend fest.
Behutsam überreicht Björna Althoff der Wunschgroßmutter das kleine Würmchen. Gaby hält ihren Finger hin, Janne greift gleich zu. Die beiden verstehen sich auf Anhieb. Aber auch für die Bindung zwischen den Erwachsenen bleibt Zeit. "Du bist ja schon wieder so schlank, wie hast du das in so kurzer Zeit nur geschafft", fragt Gaby die junge Mutter. Frauengespräche. Ganz vertraut. Als würden sie sich schon ewig kennen. Dabei sind es erst einige Wochen.

"Unsere Eltern können nicht spontan zu uns kommen. Gaby wohnt dagegen nur drei Straßen weiter - das ist einfach praktisch", betont Björna Althoff. Komisch sei es für die leiblichen Großeltern nicht, dass die Wunschgroßmutter nun einmal die Woche kommt. "Das ist eher ein Ansporn für sie, ihr Enkelkind regelmäßig zu besuchen", glaubt Thorsten Althoff.

"Die anderen Wunschomas und Familien haben noch nicht fest zueinander gefunden", erzählt Iris Oji. Sie ist froh, dass das Konzept bei den Althoffs und Gaby Wolter so gut aufgegangen ist. "Eine Wunschgroßmutter hatte besondere Ansprüche", erinnert sich Thorsten Althoff. "Sie wollte nur in Familien mit Kindern, die schon sprechen können, wo es keine komplizierten Rahmenbedingungen gibt. Das war ganz schön fordernd für ein erstes Date." Bislang gibt es in dem Projekt nur einen Wunschgroßvater. "Es dürfen gerne noch mehr werden", betont Iris Oji.
Björna spricht immer wieder von "Sahnehäubchen" und einer "wundervollen Idee", wenn sie vom Wunschgroßeltern Café erzählt. Denn es sei nicht einfach, mit Kind zu studieren. Die Medizinische Fakultät unterstütze das Studium mit Kind zwar sehr, allerdings gebe es auch "Stolpersteine". "Als Thorsten seine Examensklausur hatte, lag ich auf dem Sofa und habe auf Janne eingeredet, dass sie sich noch Zeit lassen soll, bis der Papa von der Uni zurück ist. Das hat dann zum Glück funktioniert", erinnert sie sich schmunzelnd.

Für die kommende Zeit schmieden die Erwachsenen bereits Pläne. "Vielleicht gehen wir demnächst alle in den Zoo", schlägt die junge Mutter vor. "Als wir kürzlich dort waren, haben auch einige Tiere Nachwuchs bekommen", erzählt sie. Die Gundis, eine Art Meerschweinchen, seien neun Tage jünger als Janne gewesen, aber schon quietschfidel, fügt Thorsten Althoff hinzu. Im Moment bleibt für lange Ausflüge noch keine Zeit. Björna  Althoff muss lernen, sobald die Kleine schläft. In der nächsten Zeit stehen für sie Abschlussprüfungen in Medizin auf dem Programm.

Auch Thorsten Althoff studiert noch. Er bereitet sich auf die mündliche Prüfung im Jurastudium vor. "Die Doppelbelastung mit Kind und Studium ist natürlich manchmal hart. Aber ich glaube, man ist im Studium viel flexibler als später, wenn man älter und  im Berufsleben ist." Björna Althoff ist Mutter mit Leib und Seele. "Ein Kind ist für mich ein Wunder, und wir beide sind durch und durch Familienmenschen. Gerade weil wir noch jung und flexibel sind, passt es einfach super. Und wenn die Kinder später aus dem Haus sind, sind wir immer noch jung und fit für unsere Wanderurlaube.“

Mit großen blauen Augen schaut Janne ihre Wunschgroßmutter an. Sie hätte auch gern eigene Kinder gehabt, erzählt Gaby Wolter. „Ich war 30  Jahre alt, als mein Mann und ich es versuchten, doch es hat nicht funktioniert.“ Sie findet, dass nicht alles perfekt durchgeplant sein muss, bevor ein Kind kommt. „Die beiden sind alt genug und kommen bestens zurecht. Es ist so schön, dass ich dabei sein kann", findet die Wunschgroßmutter.

Gern würde Gaby Wolter auch jetzt schon helfen und die Kleine während der Lernphasen der Eltern betreuen, aber die junge Mutter kann sich im Moment nur schwer von Janne trennen. "Ich werde mich auf das einstellen, was Björna und Thorsten wünschen", meint Gaby Wolter. "Ich freue mich sehr über das Vertrauen, das sie mir entgegenbringen. Und als  Oma hat man es gut. Man darf großzügig sein und verwöhnen. Erziehen muss man aber nicht. Das ist auch gut so, denn ich kann nur schlecht Nein sagen", erzählt sie.

"Wir finden es selbstverständlich, dass Beziehungungen jeglicher Art auf gegenseitiger Unterstützung beruhen", betont Björna Althoff.  "Zum Beispiel können wir Gaby helfen, wenn sie eine kräftige Hand braucht", schlägt die 23-Jährige vor. "Apropos, ich habe einen großen Garten mit vielen Apfelbäumen", wirft Gaby Wolter ein. "Das trifft sich gut. Ich mache jedes Jahr Apfelwein mit meinem Schwiegervater. Da können wir auch ein paar Flaschen für dich machen", verspricht Thorsten. Jeder unterstützt den anderen - so funktioniert das eben in einer Familie.

Kristin Woltering


Dieser Artikel erschien in der Januar-Ausgabe der Universitätszeitung wissen|leben.
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