Pressemitteilung upm

Kulturschock? Nein danke!

Wie der Fachbereich Biologie seine internationalen Studierenden mit einem eigens konzipierten Modul auf das Studium an der WWU vorbereitet

Münster (upm), 04. Februar 2013

Forschen ohne Hindernisse: Carmen Rueda Rodriguez, Elvira Gomez und Sofia Diaz McLynn sind dank des Welcome-Moduls auf dem gleichen fachlichen Niveau.
Forschen ohne Hindernisse: Carmen Rueda Rodriguez, Elvira Gomez und Sofia Diaz McLynn sind dank des Welcome-Moduls auf dem gleichen fachlichen Niveau. Foto: WWU - Fachbereich Biologie

"In Münster regnet es doch gar nicht so viel", findet Carmen Rueda Rodriguez aus Salamanca. Die spanische Erasmus-Studentin aus dem Fachbereich Biologie ist wie viele andere internationale Studierende nach den ersten Monaten in Münster erfreut, dass sich viele Klischees über Land, Leute und Wetter nicht bestätigt haben. Der dicke Deutsche mit einer Maß Bier in der Hand oder der unterkühlte, distanzierte Uni-Einzelkämpfer geisterten vor der Ankunft in Münster in manchen Köpfen: Getroffen haben sie bisher keines dieser Exemplare.

Die acht internationalen Studierenden (Gruppenfoto unten), die zum Wintersemester an die WWU kamen, bilden die erste Gruppe, die das neue "Welcome-Modul" des Fachbereichs Biologie durchläuft. Zwei Masterstudentinnen haben den fünfwöchigen Studienbaustein unter der Leitung von Dr. Miriam Pott, Dozentin für Schlüsselkompetenzen, entwickelt. Ausschlaggebend für die Umsetzung dieser Idee war der Wunsch vieler Professorinnen und Professoren: Unterschiedliche Vorkenntnisse und sprachliche Barrieren der internationalen Studierenden machten es in der Vergangenheit schwierig, die Lernziele zu erreichen. Auch die Studierenden wünschten sich laut einer Befragung Einführungsveranstaltungen, die sie mit den Gepflogenheiten des Fachbereichs vertraut machen würden.

So war es den Initiatorinnen in Absprache mit den Dozenten besonders wichtig, den Studierenden Raum für organisatorische Fragen rund um das Studium und Leben in Münster zu geben. Und das aus gutem Grund: "Der Umfang von nicht erbrachten Studienleistungen bedingt durch organisatorische Fehlplanungen kann so reduziert werden", ist sich Dr. Robert Klapper, Studiendekan der Biologie, sicher.

Neben fachlichen Lerninhalten bilden die "soft skills" und eine sprachliche Lerneinheit die Basis des neuen Moduls. Die Teilnahme an einem praktischen Laborkurs, in dem zugleich theoretische Grundlagen vermittelt werden, gleicht unterschiedliche Kenntnisstände der internationalen Studierenden aus. Zudem sollen interaktive Workshops zu Themen wie "Wie schreibe ich ein Protokoll?" oder "Wie halte ich eine gute Präsentation?", sowie ein Sprachkurs die Eingewöhnung in die deutsche Lernkultur erleichtern. "Anfänglich waren die Studierenden noch schüchtern und still. Nach dem ersten Schrecken gewöhnten sie sich aber schnell an die neue Lernsituation", betont Dr. Thomas D’Souza, der einer der Moduldozenten ist.

Sicher ist schon jetzt, dass das Modul den Bedürfnissen der Neuankömmlinge entgegenkommt. "Es war am Anfang ungewohnt für mich, dass der Anteil an praktischer Arbeit viel größer ist und wir direkt zum selbstständigen Arbeiten angeleitet wurden", berichtet Isabella Boux aus Tours in Frankreich. An die neuen Gegebenheiten habe sie sich aber während des Welcome-Moduls gewöhnen können. Gerade solche interkulturellen Unterschiede in den Lernkonzepten erschwerten in der Vergangenheit häufig die Teilnahme an den regulären Modulen. Das Welcome-Modul fängt diese Unterschiede vor Studienbeginn auf. Eine hilfreiche Entwicklung, findet auch Nina Karidio vom International Office: "Das Welcome-Modul ist eine gute Ergänzung zu den Angeboten für Erasmus-Studierende des International Office. Wir sind gespannt, wie sich das Pilotprojekt entwickelt."

Um ihr Studium erfolgreich organisieren zu können, stellen sich den Studierenden im Welcome-Modul Professorinnen und Professoren mit ihren Arbeitsgruppen ausführlich vor. So gewinnen die internationalen Studierenden einen Überblick über den Fachbereich und wählen ihre regulären Module nach jeweiligem Interesse. Dexter Gulick aus Pittsburgh bemerkte schnell einen deutlichen Unterschied zwischen der Universität seiner US-Heimat und der münsterschen WWU in Bezug auf das Verhältnis zwischen Professoren und Studierenden. "Die Professoren der Universität Münster binden die Studierenden in den Alltag eines Forschers ein. Das gibt uns einen interessanten Einblick in das zukünftige Berufsleben", erklärt der 22-Jährige.

Neben den hohen Lernstandards, für die Deutschland in den USA bekannt ist, war auch das Erlernen der Sprache und das Kennenlernen der deutschen Kultur für Dexter Gulick ein Entscheidungsgrund für die Bundesrepublik. "Während meiner Zeit in Deutschland möchte ich alle Bundesländer besuchen", lautet sein ehrgeiziges Ziel. Seine Erasmus-Kommilitonen lassen es ruhiger angehen. Bei ihnen stehen vor allem die großen Städte wie Berlin, Hamburg und München auf dem Reiseplan.

Aber nicht nur bei den internationalen Studierenden findet das neue Modul Anklang. Auch die Biologie-Professorenschaft ist überzeugt von den positiven Auswirkungen auf das fachliche und persönliche Miteinander. "Im Vergleich zum vergangenen Jahr konnten die Studierenden den Inhalten besser folgen und hatten keine großen Startschwierigkeiten", berichtet Prof. Wolf-Michael Weber. Der Erasmus-Koordinator des Fachbereichs Biologie ist froh, dass die internationalen Studierenden ihr erstes reguläres Modul so gut gemeistert haben. "Sie waren besser organisiert als ihre Vorgänger und hatten sowohl in der Praxis als auch in der Theorie kaum Probleme mitzukommen."

Das sah in den vergangenen Jahren noch ganz anders aus. Studierende von Universitäten, an denen der Praxisanteil gering ist, hätten beispielsweise Hemmungen gehabt, eine Pipette zu benutzen. "Durch den Einführungskurs habe ich die Sicherheit gewonnen, mit der Ausstattung eines Labors umzugehen. Das hat mir in meinem ersten Modul an der WWU sehr geholfen", erinnert sich die Brasilianerin Rafaela Scheiffer.

Obwohl die acht internationalen Studierenden der neuen, fremden Kultur und den deutschen Kommilitonen offen gegenüberstehen, verbringen sie ihre Freizeit meist mit anderen internationalen Studierenden. Bislang haben sie nur in einzelnen Kursen Kontakt zu deutschen Studierenden. Für die Modul-Koordinatoren ist der stärkere interkulturelle Austausch eine weitere Entwicklungsmöglichkeit des Projekts.

Durch gemeinsame Lerngruppen glauben die Studierenden einige vermeintlich typisch deutsche Eigenschaften kennengelernt zu haben. "Deutsche sind sehr pünktliche, systematische Menschen und harte Arbeiter", ist sich das Erasmus-Grüppchen einig. Sie scheinen am Fachbereich Biologie also den typisch deutschen Studenten getroffen zu haben...

Sarah Eligehausen


Dieser Artikel erschien in der Januar-Ausgabe der Universitätszeitung wissen|leben.
Diesen und weitere Texte finden Sie unter: www.uni-muenster.de/unizeitung/index.html

Fachbereich Biologie