Pressemitteilung upm

Hochschulen suchen nach Anerkennung in der Öffentlichkeit

Studie des Instituts für Kommunikationswissenschaft

Münster (upm), 22. März 2013

Die Medialisierung an deutschen Hochschulen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen - die Suche nach Präsenz und Anerkennung in der Öffentlichkeit ist wichtiger denn je. Zu diesem Ergebnis kommen Kommunikationswissenschaftler der Universitäten Münster und Mannheim in einer aktuellen Studie. Ihren Ergebnissen zufolge orientieren sich zahlreiche Wissenschaftler und Leitungen von Hochschulen bei der Auswahl ihrer Themen beziehungsweise bei hochschulpolitischen Entscheidungen häufig an der vermuteten oder tatsächlichen Resonanz. "Die Forschungsagenda der Professoren wird von Kriterien der Erzeugung öffentlicher Aufmerksamkeit beeinflusst", schreiben die Autoren Prof. Dr. Frank Marcinkowski, Dr. Andres Friedrichsmeier (beide Universität Münster) und Prof. Dr. Matthias Kohring (Universität Mannheim). Dies gelte vor allem für Mediziner und Gesellschaftswissenschaftler. Für Hochschulleitungen seien wiederum sehr oft die "öffentlichkeitswirksamen Rankings" eine wesentliche Orientierungsgröße für die Steuerung und für interne Entscheidungen.

Für ihre Studie werteten die Forscher die Antworten von 1980 Befragten (Leitungen, Pressesprecher, Hochschulräte, Hochschullehrer in Senaten) aus, die 265 deutsche Hochschulen repräsentieren. Die Kernfrage lautete dabei: Wie wirkt sich der Rückzug des Staates aus der Detailsteuerung der Hochschulen auf deren Selbstverständnis und Selbstverwaltung aus? Das in einem Satz zusammengefasste Ergebnis lautet: "Die neue Wettbewerbsorientierung der Hochschulen wirkt sich nicht zuletzt als ein Wettbewerb um ein gutes öffentliches Image aus und wird deshalb immer stärker über die Massenmedien ausgetragen."

Die Wissenschaftler betonen, dass sich die Bedeutung, die das öffentliche Image für die heutigen Hochschulen hat, an zahlreichen, mitunter auch unerwarteten Stellen gezeigt habe. "Beispielsweise haben Hochschulräte, die gute Kontakte zu den Medien vermitteln können, auch einen besonders hohen informellen Einfluss an ihrer Hochschule", unterstreicht Dr. Andres Friedrichsmeier. "Überraschend deutlich messbar wirkt sich die Medienorientierung der Hochschulleitung sogar auf die Forschung aus: Wenn die Leitung besonders stark an Medien orientiert ist, wählen die Professoren ihre Forschungsthemen stärker danach aus, was öffentliche Aufmerksamkeit verspricht."

Dabei zeige sich, dass der Grad der Medienorientierung der Akteure mit deren Rang im hochschulpolitischen Entscheidungssystem steigt. Universitätsintern stehen die Hochschulleitungen an erster Stelle, ihr folgen die Mitglieder der Hochschulräte - mit deutlichem Abstand folgt die Professorenschaft. Sie alle unterstellen den jeweiligen Wissenschaftsministerien eine besonders starke Medienorientierung und passen sich mit ihrem eigenen Verhalten daran an. "Jeder denkt, dass er die Medien ernst nehmen muss, da dies nach seiner Wahrnehmung auch die wichtigsten anderen Akteure tun", schreiben die Studien-Autoren. Die Medien hätten in Folge dieses "Aufschaukelungsmechanismus" in den vergangenen Jahren deutlich an hochschulpolitischer Bedeutung gewonnen.

Die Einstellung der Professorinnen und Professoren zur Medienarbeit hängt nicht zuletzt von deren Fachgebiet ab. Naturwissenschaftler haben demnach weniger Probleme als Geisteswissenschaftler damit, ihre wissenschaftlichen Ergebnisse "eher unterhaltsam als exakt darzustellen". Allerdings befürchteten Naturwissenschaftler etwas häufiger Reputationsschäden, wenn sie zunächst in den Medien statt in Fachorganen über ihre Forschungsergebnisse berichteten. Zudem versprechen sie sich seltener einen Nutzen von intensiver Öffentlichkeitsarbeit: Sie sehen in ihren Fächern geringere Chancen "für die Übertragbarkeit von Medienprominenz auf fachliche Prominenz".

 

Institut für Kommunikationswissenschaft der WWU Forschung A-Z / Prof. Dr. Frank Marcinkowski Forschung A-Z / Dr. Andres Friedrichsmeier