Sebastian Michels (Bonn)

Betreuer: Prof. Schmoeckel


Titel der Dissertation:

Paradigmenwechsel in der Anwaltschaft. Von der Inklusion in die Bismarcksche Reichsgründung zur ›Liberalisierung‹ des Berufsrechts in der späten Bonner Republik unter besonderer Berücksichtigung der ›Bastille-Beschlüsse‹ des Bundesverfassungsgerichts


Kurzbeschreibung:

Die Geschichte der Rechtsanwaltschaft in Deutschland ist geprägt durch ein Wechselspiel von Achtung und Missachtung des Berufsstands. Die territoriale und spirituelle Spaltung des Reiches, die Rezeption des römischen Rechts und der aufkeimende Absolutismus führten zu gesellschaftlichen Konflikten, die nachhaltig die Berücksichtigung volkstümlicher Interessen bei der Regulierung der Advokatur erstritten. Erst die Reichsjustizgesetzgebung erschuf vor dem Eindruck des wirtschaftlichen Aufstiegs deutschlandweit die Anwaltschaft wie wir sie heute noch kennen, als Balanceakt selbstbewusster Vertretung des Bürgerinteresses auf moralisch-ethisch gefestigtem Grund. Das daraus hervorgegangene zum Ende der Bonner Republik feingliedrig abgestimmte System wurde in Zeiten des Aufschwungs der globalisierten Wirtschaft und des Zusammenbruchs der Sowjetunion von innen heraus offen in Frage gestellt. Ein häufig angeführter Leitgedanke war die Überwindung autoritären Gedankenguts, insbesondere aus nationalsozialistischer Zeit. Auf dem Höhepunkt des Diskurses sprach das Bundesverfassungsgericht am 14. Juli 1987 seine bedeutenden ›Bastille-Beschlüsse‹. Hiernach geriet die hergebrachte Ordnung aus den Fugen. Es entstanden Großkanzleien und der Profitgedanke hielt Einzug in die Rechtspflege. In der breit gestreuten Sekundärliteratur kam es in Ermangelung des Zugangs zu historischen Quellen vielfach zu Verkürzungen oder gar Mythenbildungen. Die vorliegende Arbeit macht sich zur Aufgabe die rechtlichen, historischen und geistesgeschichtlichen Grundlagen der modernen Anwaltschaft anhand der reichen Quellen- und Literaturlage rechtshistorisch zu erschließen.