uni kunst kultur-Magazin - Sommer 2024
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Neue Hochschulgruppen braucht die Uni!

Von der Gründung der Bliss Dance Crew
Auftritt der Bliss Dance Crew beim Festival Neue Wände 2023

Rund 100 Hochschulgruppen sind offiziell bei der Universität Münster angesiedelt. In unserem letzten Kulturatlas von Oktober 2023 waren darunter 14 Chöre, 10 Orchester und 9 Gruppen aus dem Bereich Performance & Text. Tanzgruppen gibt es aber nur zwei, und die zweite davon auch erst seit kurzem: Die Bliss Dance Crew. Gegründet hat sie sich aus einem Anlass heraus, von dem ich die Initiatorin auch kenne: Dem Neue Wände Festival 2023. Bei diesem Festival standen rund 500 Student:innen ein Wochenende lang auf den Bühnen des Theaters Münster, so auch Paula. „Ich hatte im Februar angefangen, ein paar Leute aus den HSP-Kursen, die besonders gut waren, zu fragen, ob sie noch Lust auf ein extra Projekt hätten. So habe ich mir eine Gruppe zusammengesucht und dann haben wir immer an den Wochenenden – eigentlich samstags und sonntags von morgens bis abends – für Neue Wände trainiert. Das war schon sehr viel“ – Paula erzählt von der Gründung der Crew mit einem Lächeln. „Neue Wände hat uns schon sehr zusammengeschweißt als Gruppe. Danach hatten alle Lust, noch weiterzumachen und deshalb haben wir weiter trainiert und hatten dann noch einen Auftritt beim Schlossgartenfest.“

Der Tanz muss an der Uni Münster einen ganz schönen Spagat einlegen: Er gehört natürlich genauso zur Kultur wie die Chöre und Theatergruppen. Aufgrund der sportlichen Komponente ist die Organisation jedoch beim Hochschulsport angesiedelt, der sich ganz anders organisiert als die Kultur. Durch die Gründung ihrer eigenen Gruppe ist die Bliss Dance Crew aber jetzt unabhängig. Auf den Hinweis eines Sportreferenten des AStA, dass sie sich als Tanzgruppe auch als Hochschulgruppe eintragen lassen können, haben sie das im November letzten Jahres auch getan.

Ein Teil der Crew, der Mai 2023 beim Festival auf der Bühne stand, ist noch da. Ein paar mussten aber – wie es in der Natur der Hochschulgruppen liegt – studienbedingt die Gruppe verlassen, dafür sind neue nachgerückt: „Mittlerweile sind ein paar schon wieder aus Münster weggegangen,“ sagt die Co-Trainerin Sophie, „dann haben wir ein Casting gemacht und eben noch neue Leute dazu geholt – um die 35 Leute sind wir momentan. Und es haben auch immer alle Bock – wir haben auch schon darauf geachtet beim Casten, dass es wirklich Leute sind, bei denen wir wissen, dass wir uns auf sie verlassen können. Wenn wir Leute haben, die gefühlt einmal im Jahr zum Training kommen, dann funktioniert es nicht. Es ist echt krass, wie viele Leute so viel Spaß daran haben.“ Es gibt neben Paula und Sophie noch zwei weitere Trainer:innen, Julia De Lon und Jonas Weichert, die seien „eher im Hip-Hop und Vogue Bereich unterwegs.“ Sophie mache eher Jazz und Paula Jazz und Hip-Hop. Die Organisation eines Trainings ist für beide ein Leichtes, da sie schon seit ein paar Jahren Trainerinnen beim HSP sind: „Wir können für uns eine Halle reservieren, das ist kein Thema. Im Moment proben wir – wenn kein Auftritt ansteht – einmal die Woche für drei Stunden. Aber alle sind eigentlich auch noch in den regulären Hochschulsportkursen unter der Woche und deshalb sehen wir uns auch da noch“, sagt Paula. Zu diesen drei Stunden kommen für die Trainer:innen aber noch Vor- und Nachbereitung der Trainings, das Schneiden der Tracks, das Vorbereiten der Choreos hinzu. Die erarbeite man vor Beginn eines neuen Projektes, ändere sie aber auch immer mal ab, verarbeite immer wieder die Ergebnisse der Trainings, in denen sich auch spontan Neues ergebe. So feilt die Crew bis zum Auftritt an ihrer Choreo.

Wie kommt man denn an besagte Auftritte oder Gelder für Outfits? Paula erklärt mir: „Das Training machen wir komplett ehrenamtlich. Für den Auftritt bei Neue Wände haben wir finanzielle Unterstützung für die Outfits bekommen. Bei kleineren Auftritten machen wir es so, dass wir bereits vorhandene Kostüme recyceln, also einfach alte Sachen nochmal nutzen. Wir haben keinen Budgetplan oder sonstiges, das noch nicht“ – Paula und Sophie lachen – vielleicht demnächst, irgendwann wäre das schön, momentan halten sie das aber noch recht einfach, sagen sie. Und Auftritte haben sie sich einfach gesucht. So auch erst kürzlich für den Ball des Hochschulsports, bei dem Paula aus eigener Initiative den Organisator des Balls angeschrieben habe, ob die Bliss Dance Crew dort auftreten könne. „Man muss einfach selbst versuchen, sich zu connecten“, sagt Paula. Ist denn der Tanz an der Uni miteinander irgendwie vernetzt? Paula sagt: „Es kennen sich hauptsächlich die Jazz-, Modern- und Hip-Hop Kurse untereinander, weil das ein Bereich beim Hochschulsport ist.“

Anderes wie Gesellschaftstanz oder Tanz-Impro ist aber wieder eine eigene Bubble. Die fehlende Vernetzung könnte auch an den wenigen Möglichkeiten für Tanzauftritte liegen – Musiker:innen können sich bei einer Open Stage niederschwellig begegnen, der Tanz hat sowas hier an der Uni nicht. Auch Paula und Sophie fehlen diese Anlässe für Auftritte hier in Münster. Sophie: „Es ist immer ein bisschen schade, wenn wir trainieren und dann nichts haben, wo wir das präsentieren können. Ich glaube, alle bei uns hätten auch Spaß, es so zu machen – aber im Endeffekt findet man es ja schön, dass auch irgendwo zu präsentieren.“ Ohne Eigeninitiative bliebe nur die Hochschulsportshow am Ende des Wintersemesters. Sophie ergänzt: „Wir haben das Gefühl, dass das Tanzen immer so ein bisschen untergeht. Den meisten ist irgendwie nicht so bewusst, dass es das überhaupt gibt und das finden wir ein bisschen schade.“

Sichtbar zu werden und eine komplett eigene Veranstaltung zu planen, sei aber auch gar nicht so einfach. Orte für Veranstaltungen würde es ja geben in Münster. Als Gruppe allein etwas so zu organisieren, dass auch genug Leute kommen, sei aber eine Herausforderung. Und eine Tanzshow braucht natürlich Platz: „Wenn die Bühne winzig ist, kann man da nicht so viel mit anfangen.“ Kapazitäten, um ein Mal im Semester etwas aufzuführen hätte die Bliss Dance Crew aber locker, im Sommer werden sie voraussichtlich ein paar Auftritte haben, wenn alles klappt. Wir einigen uns lachend darauf, dass ein jährliches Studi-Festival in Münster genau richtig wäre, um regelmäßig irgendwo aufzutreten.

Manchmal vergisst man, wie viel Zeit und Energie in solchen Gruppen steckt. Und es zeigt auch, wie viel Ehrenamt in unserer Hochschulkultur liegt – ohne die ganzen engagierten Studis gäbe es vieles nicht, was für uns wie selbstverständlich zum Uni-Alltag gehört. Es schlummern wahrscheinlich noch viele gute Ideen, die nur einer Umsetzung bedürfen – so bleibt in mir nach diesem Gespräch der Wunsch zurück, noch mehr Menschen dafür zu begeistern. Vielleicht liest ja gerade jemand diesen Text, mit einer guten Idee für mehr Gelegenheiten, den Tanz in Münster zu präsentieren – oder jemand in den Startlöchern, eine neue Jonglage-Gruppe oder ein neues Poetry-Slam-Kollektiv zu gründen. Die Bliss Dance Crew jedenfalls zeigt, dass ein einziger Anlass reichen kann, um sich als Gruppe zusammenzufinden. Um dieses Momentum nicht zu verlieren, braucht es aber nicht nur engagierte Student:innen wie Paula und Sophie, sondern eine unterstützende Infrastruktur an der Universität, die niederschwellige Angebote für Hochschulgruppen bietet.

| Das Gespräch mit Paula Tieves und Sophie Gehrmann führte Caroline von Lengerke.

 

Die Bliss Dance Crew ist ein Hiphop-, Jazz- & Vogue-Tanzensemble mit ca. 35 Mitgliedern, darunter 4 Trainer*innen. Seit Ende 2023 ist die Crew auch eingetragene Hochschulgruppe an der Universität Münster. Ich habe mich mit der Physikstudentin Paula Tieves (Initiatorin & Trainerin) und der Lehramtsstudentin Sophie Gehrmann (Trainerin) unterhalten. Beide studieren momentan an der Universität Münster und sind beim Hochschulsport (HSP) Tanz-Trainerinnen.

Insta: @bliss.dance.crew
Mail: blissdancecrew@gmx.de
Interessierte können sich jederzeit per Mail oder Instagram an das Leitungsteam wenden.

Wie Hochschulgruppe werden an der Universität Münster?

Wenn eine Initiative eine offizielle Hochschulgruppe werden möchte, kann sie dies – unter der Voraussetzung, dass der Zweck den Grundsätzen des Rektorats entspricht – bei der Universität beantragen. Anerkannte Hochschulgruppen werden auf der Uni-Homepage im Verzeichnis der Hochschulgruppen gelistet und sind berechtigt (soweit es die Kapazitäten zulassen), Räume der Uni für ihre Zwecke kostenlos bzw. ermäßigt zu nutzen und können eine Homepage auf einem Server der Uni einrichten. Kulturgruppen kann man zusätzlich im Kulturatlas auf der Homepage des Kulturbüros finden. Für Projekte können Hochschulgruppen Förderung beim Kulturfonds der Uni, beim AStA und auch bei der Universitätsgesellschaft Münster e.V. beantragen (dafür muss man allerdings nicht zwingend eine eingetragene Hochschulgruppe sein).

Die Richtlinien für Hochschulgruppen findet man hier: https://uni.ms/w5bcn.
Infos zum Kulturfonds der Uni gibt‘s hier: https://uni.ms/kulturfonds,
hier geht’s zur AStA-Förderung: https://www.asta.ms/asta-allgemein/antraege,
und hier zur Förderseite der Uni-Gesellschaft: https://uni.ms/58qtf.